Kurze Erläuterung
Die Verdrängung jüdischer Gewerbetreibender aus dem Wirtschaftsleben bis hin zu deren Ruin war seit jeher ein politisches Ziel der Nationalsozialisten. Mit der „Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden“ im April 1938 sicherte sich das NS-Regime die Kontrolle über und vielfach auch den Zugriff auf die Erträge jüdischer Unternehmen. So waren alle jüdischen Bürger:innen verpflichtet, ihre Vermögensverhältnisse offen zu legen. Summen über 5.000 Reichsmark waren ihren direktem Zugriff entzogen, sondern mussten mit einem offiziell bestellten Treuhänder abgestimmt werden. Veräußerungen von Betrieben und Unternehmen mussten bei den Regierungspräsidien beantragt und genehmigt werden. Konnten jüdische Gewerbetreibende ihre Vermögenswerte vor dieser Verordnung ihre Vermögenswerte relativ unkompliziert veräußern und ggf. für eine Auswanderung nutzen, war dies nun nur noch mit staatlicher Genehmigung möglich.
Relevanz des Materials
Die Antwort des Bürgermeisters zeigt, dass Boykotte und Diskriminierung in den letzen Jahren ihre Wirkung nicht verfehlt haben. Dies wäre zumindest eine Erkärung dafür, dass ein bis 1933 florierendes Unternehmen in guter Geschäftslage „mit dem Umbruch“ große Einbußen hinnehmen musste.
Beim Prüfautrag des Landrats ist zudem eine antisemitische Vorgenommenheit zu konstatieren, da eine Übervorteilung der „arischen“ Vertragsseite im Reichsgesetzblatt gar nicht direkt thematisiert wird.
Dr. Franz Jungbluth
Das Kreisarchiv Gütersloh besteht seit 1984 und bewahrt und erschließt die Akten der ehemaligen Kreise Wiedenbrück und Halle in Westfalen sowie des 1972 daraus hervorgegangenen Kreises Gütersloh. Weitere größere Bestände bilden die Überlieferung von kreisweit aktiven Verbänden sowie private und öffentliche Fotosammlungen.
Das Kreisarchiv gibt eine Schriftenreihe und ein Jahrbuch für regionalhistorische Beiträge heraus und ist mit Führungen und Beratung vor Ort sowie einem Materialservice für Schulen im Kreisgebiet archivpädagogisch tätig.