Gemälde „Tote“ von Joseph Glahé
Bildquelle
Büren / Paderborn 1950

Kurze Erläuterung

Die Wewelsburg im heutigen Kreis Paderborn wurde ab 1934 von den Nationalsozialisten als „Eliteschule“ und „Kultstätte“ der SS genutzt. Nach dem erhofften „Endsieg“ sollte hier das „geistige Zentrum“ der SS entstehen. Die dafür nötigen Bauarbeiten leisteten KZ-Häftlinge in Zwangsarbeit. Hierzu wurde ein Außenlager des KZ-Sachsenhausen gegründet, das später als eigenständiges KZ Niedernhagen direkt von der Wewelsburg aus verwaltet wurde.
1949 setzte sich ein Verein dafür ein, dass die Burg nicht nur als Jugendherberge und Heimatmuseum wiedereröffnet wurde, sondern mit einem neu geschaffenen, künstlerischen Mahnmal, das auch an die nationalsozialistischen Verbrechen  erinnern sollte. Der Auftrag für das Mahnmal ging an den damals erst 23-jährigen gebürtigen Bürener Josef Glahé. In insgesamt zehn großformatigen Bildern thematisiert er die Schrecken von Diktatur und Krieg. Dabei verarbeitete er auch seine eigenen Erfahrungen, denn im Zuge seiner Malerausbildung besuchte Glahé das KZ Niederhagen und wurde somit Zeuge der dortigen Zustände. Ab 1943 kämpfte er als Soldat an der Ostfront und gelang in sowjetische Kriegsgefangenschaft, aus welcher ihm jedoch die Flucht gelang.
Der künstlerische Zugang und die expressionistische Bildsprache der Wewelsburg-Gemälde stießen bei vielen Zeitgenoss:innen und der einheimischen Bevölkerung auf Unverständnis. Die katholische Kirche sowie Leiter:innen der benachbarten Jugendherberge erachteten die auf vielen Bildern nackt dargestellten Figuren zudem als anstößig. Daraufhin wurde der Raum mit den Bildern nur auf Nachfrage geöffnet und geriet aus dem Fokus. 1973 wurden die Bilder aus konservatorischen Gründen entfernt und eingelagert. Seit 2009 sind Repliken im Originalformat in einem Turm der Burg zu sehen.

Relevanz des Materials

Die beiden ausgewählten Gemälde ermöglichen einen Einblick in den künstlerischen Umgang mit Aspekten wie der Traumatisierung durch Krieg sowie des Holocausts. In einer Bildinterpretation können Unterschiede in der Darstellung von „Toten“ (des Krieges) und „Sterbenden“ (Opfer des Holocausts) herausgearbeitet werden. Es muss dabei berücksichtigt werden, dass Glahé weder jüdischen Glaubens noch selbst KZ-Insasse gewesen ist und seine Darstellung des Holocausts somit auf einer Wahrnehmung „von außen“ basiert.
Abschließend kann die Frage nach der Wirkung dieses Mahnmals auf die deutsche Öffentlichkeit des Jahres 1950 – nur wenige Jahre nach Kriegsende – diskutiert werden.

Dr. Franz Jungbluth / Mario Polzin

Lernort 

Das Kreismuseum Wewelsburg dokumentiert die wechselvolle Geschichte der Burg und dokumentiert die besondere Bedeutung in der NS-Zeit durch eine eigene Dauerausstellung zur Geschichte der SS und des örtlichen Konzentrationslagers. Dieser Ausstellungsteil ist als „Erinnerungs- und Gedenkstätte Wewelsburg“ kostenfrei zugänglich, darüber hinaus findet ein umfangreiches Forschungs- und gedenkstättenpädagogisches Programm statt, das neben Führungen auch Workshops und Projekttage für Schulklassen umfasst.

Kreismuseum Wewelsburg