Kurze Erläuterung
Das vorliegende Gedicht verfasste Julius Kirchhoff (1895 – 1939) im Jahr 1933. Es stammt aus seinem Gedichtbändchen „Wir, ich und Du. Schlichte Lieder erlebt, erdacht, geschrieben von Julius Kirchhoff“, das 1935 in Coesfeld von Gustav Gangloff gedruckt wurde. Kirchhoff war Hofprediger und Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde in Coesfeld. Er diente als Offizier im Ersten Weltkrieg. 1919 trat er dem Freikorps Watter bei, das in Münster stationiert an der blutigen Niederschlagung der Aufstände im Ruhrgebiet maßgeblich beteiligt war. Die fürstliche Familie zu Salm-Horstmar, die nahe Coesfeld auf Schloss Varlar residierte, engagierte ihn als Hauslehrer. Im März 1926 wurde er durch Otto II. Fürst zu Salm-Horstmar zum Hofprediger ernannt und im April 1926 zum Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde in Coesfeld berufen. Coesfeld war klar katholisch dominiert. Kirchhoff leitete eine Diasporagemeinde im Münsterland, die damals die flächenmäßig größte in Westfalen gewesen ist: Die 15 Gemeindesprengsel reichten von Darfeld im Norden bis Klein-Reken im Süden, von Gescher im Westen bis Schapdetten im Osten. Kirchhoff identifizierte sich nicht mit den Werten der Weimarer Republik – stattdessen setzte er auf den Nationalsozialismus und war im Wehrverband „Stahlhelm“ aktiv. Eine NSDAP-Mitgliedschaft ist nicht nachweisbar, aber seit Ende 1933 war er Propagandaleiter der SA-Reserve. 1935 stieg er sogar zum Kreisschulungswart auf.
Relevanz des Materials
Kirchhoffs Gedicht spiegelt nicht nur die promilitaristische Haltung des Nationalsozialismus wider, sondern ebenso den weit verbreiteten Glauben an Adolf Hitler als den „Führer“, der die Deutschen erlösen würde. Dass das Gedicht von einem Kleinstadtpfarrer verfasst worden ist, kann beispielhaft zeigen, wie sehr diese Vorstellungen in der Breite der Gesellschaft angekommen waren. Da Kirchhoff sich durch seine Publikationen öffentlich zum Nationalsozialismus bekannte, ist davonzugehen, dass seine nationalsozialistische Orientierung und Gesinnung auch Einfluss auf seine tägliche Arbeit als Hofprediger und Pfarrer gehabt hatte. Weiterführend kann über die Rolle der Kirchen im Nationalsozialismus diskutiert werden.
Dr. Hendrik Martin Lange
Das Stadtarchiv Coesfeld ist ein zentraler Erinnerungsort in Coesfeld. Es organisiert Gedenkfeiern und Vorträge, Unterrichtsmaterialien und Bildungsveranstaltungen. Aber vor allem: Es sichert das schriftliche Erbe der Stadt – dauerhaft und für jede und jeden zugänglich. Damit versucht es der Identität Coesfelds eine Heimat zu bieten – vom 12. Jahrhundert bis heute. Die Ratsprotokolle von 1923-1945 sind digitalisiert und online abrufbar. Außerdem gibt es einige Unterrichtsmaterialien zum Download.