Kurze Erläuterung
Veranstaltungen und die Präsenz im öffentlichen Raum bildetet einen Grundpfeiler der nationalsozialistischen Verflechtung mit der Gesellschaft im deutschen Reich und das auch schon vor der Machtübertragung 1933. In den darauffolgenden Jahren werden sowohl eigene NS-Veranstaltung organisiert, aber ebenso andere gesellschaftliche Events wie Umzüge nazistisch (neu-)geprägt. Mit dieser Durchdringung des öffentlichen Raumes wurde versucht das Bild einer umfassenden und funktionierenden „Volksgemeinschaft“ entsprechend der NS-Ideologie zu erzeugen. Diesem Gemeinschaftsgefühl wurde einerseits durch die gemeinsamen Märsche in Uniform und andererseits durch Fahnen, Embleme und den „deutschen Gruß“ Ausdruck verliehen. Die Teilnehmenden des Umzugs wurde so suggeriert Teil einer großen Bewegung und Gemeinschaft zu sein, die wiederum auch für nicht vollends überzeugte Beobachter:innen eine nicht zu unterschätzende Anziehung erzeugte. So brauchte es nicht nur Massenevents wie die Reichsparteitage in Nürnberg, die tausende Besucher:innen anzogen, sondern eben auch lokale Veranstaltung, die die Menschen vor der eigenen Haustür mit der „Volksgemeinschaft“ in Kontakt brachten.
Relevanz des Materials
Das vorliegende Quellenmaterial zeigt Menschen mit Fahnen marschieren, die nationalsozialistische Symbole zeigen. Marschierende Uniformierte entsprechen dabei dem Zeitgeist des deutschen Militarismus und erzeugten schon seit dem 19. Jahrhundert große öffentliche Aufmerksamkeit und Bewunderung. Die Personen tragen unterschiedliche Uniformen, die verschiedene NS-Organisationen repräsentieren: Vorne marschiert vermutlich ein NSDAP-Funktionär (Uniform ähnlich zu der der SA), dahinter Mitglieder der Hitlerjugend (erkennbar an der Uniform mit kurzen Hosen) und dann ein Mitglied der „Deutschen Arbeiterfront“ (erkennbar am Zahnrad auf der Fahne) neben einem Mann in schwarzer Uniform ohne Abzeichen, was auf ein Mitglied der SS hinweist.
Neben und hinter den Mitgliedern der NS-Organisationen marschieren Mitglieder örtlicher Vereine und Gruppen, die an anderer Kleidung und Uniformen zu erkennen sind, aber leider nicht genauer identifiziert werden können. Darunter findet sich beispielsweise der Schützenverein (Reihe 6) oder des Kriegervereins (daneben). Daran wird im Besonderen die Kooperation und Duldung durch die bestehenden Vereine mit den NS-Organisationen deutlich, denen beim Umzug prominente Plätze zugewiesen werden.
Eine zweite Quelle zeigt einen ähnlichen Umzug, aber vor allem auch das Publikum, das den Straßenrand säumt und etwa zur Hälfte durch den „deutschen Gruß“ seine Zustimmung zum NS-Staat und die eigene Zugehörigkeit zur „Volksgemeinschaft“ zeigt.
Oliver Kottmann
Als Kultur- und Bildungseinrichtung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) hat das LWL-Medienzentrum für Westfalen den dreifachen Auftrag, das audiovisuelle Erbe der Region zu sichern (Bild-, Film- und Tonarchiv), die Geschichte und Gegenwart Westfalens mediengestützt zu dokumentieren und zu vermitteln (Medienproduktion) und das Lernen in der digitalen Welt in Schulen und außerschulischer Bildung zu unterstützen (Medienbildung und -bereitstellung).