Verkauf jüdischer Geschäfte in Rietberg
Textquelle
Rietberg im Mai 1938

Kurze Erläuterung

Die Verdrängung jüdischer Gewerbetreibender aus dem Wirtschaftsleben bis hin zu deren Ruin war seit jeher ein politisches Ziel der Nationalsozialisten. Mit der „Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden“ im April 1938 sicherte sich das NS-Regime die Kontrolle über und vielfach auch den Zugriff auf die Erträge jüdischer Unternehmen. So waren alle jüdischen Bürger:innen verpflichtet, ihre Vermögensverhältnisse offen zu legen. Summen über 5.000 Reichsmark waren ihren direktem Zugriff entzogen, sondern mussten mit einem offiziell bestellten Treuhänder abgestimmt werden. Veräußerungen von Betrieben und Unternehmen mussten bei den Regierungspräsidien beantragt und genehmigt werden. Konnten jüdische Gewerbetreibende ihre Vermögenswerte vor dieser Verordnung ihre Vermögenswerte relativ unkompliziert veräußern und ggf. für eine Auswanderung nutzen, war dies nun nur noch mit staatlicher Genehmigung möglich.

Relevanz des Materials

Die Antwort des Bürgermeisters zeigt, dass Boykotte und Diskriminierung in den letzen Jahren ihre Wirkung nicht verfehlt haben. Dies wäre zumindest eine Erkärung dafür, dass ein bis 1933 florierendes Unternehmen in guter Geschäftslage „mit dem Umbruch“ große Einbußen hinnehmen musste.
Beim Prüfautrag des Landrats ist zudem eine antisemitische Vorgenommenheit zu konstatieren, da eine Übervorteilung der „arischen“ Vertragsseite im Reichsgesetzblatt gar nicht direkt thematisiert wird.

Dr. Franz Jungbluth

Lernort 

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