Stellungnahme des Landrats zum Arbeitsverbot eines Handwerkers
Textquelle
Wiedenbrück am 24.12.1938

Kurze Erläuterung

Die Verdrängung jüdischer Gewerbetreibender aus dem Wirtschaftsleben bis hin zu deren Ruin war seit jeher ein politisches Ziel der Nationalsozialisten. Mit der „Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben“ vom November 1938 wurde Jüdinnen und Juden jede selbständige Tätigkeit sowie die Tätigkeit als in der Geschäftsführung von Unternehmen oder Genossenschaften verboten. Jüdische Gewerbetreibende waren de facto gezwungen, ihre Betriebe und Geschäfte unter Wert zu verkaufen, da ihnen die Weiterführung nicht mehr erlaubt war. Gemeinsam mit der Anfang Dezember 1938 erlassenen „Verordnung über den Einsatz jüdischen Vermögens“, dass Jüdinnen und Juden auch den Besitz von Immobilien verbot, legten diese Verordnungen die Grundlage für die systematischen „Arisierungen“ jüdischen Vermögens bereits vor der Deportation. Der Erlass der Verordnung erfolgte am 12.11.1938, zwei Tage nach der „Pogromnacht“, in der viele jüdische Geschäfte ohnehin zerstört wurden und ein Großteil der männlichen Juden in Lagern inhaftiert war. Für viele jüdische Familien war so innerhalb weniger Tage ihre gesamte Existenz zerbrochen.

Relevanz des Materials

Die Quelle zeigt, dass sich die NS-Politik nicht gegen „Bonzen“ und Großkapitalisten richtete, wie es die NS-Propaganda gerne darstellte, sondern etliche kleine Händler und Handwerker ruinierte, wie den genannten Elektriker mit seiner Familie, denn auch seine christliche Taufe nicht vor der Behandlung als „Volljude“ schützte.

Dr. Franz Jungbluth

Lernort 

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