Plakat zur allgemeinen Lage und Lebensmittelsituation
Textquelle
Detmold am 27.04.1945

Kurze Erläuterung

Noch wenige Tage vor dem Ende des Krieges standen sich Realität und Propaganda diametral gegenüber: Während in der Osterausgabe der Lippischen Staatszeitung, dem Sprachrohr der NSDAP in Westfalen-Nord, am 2. April noch die üblichen Durchhalteparolen ausgegeben worden waren, welche den so proklamierten „Endsieg“ noch immer nicht aufgeben wollten, war der Krieg für Detmold mit der Einnahme der Stadt durch die Amerikaner am 5. April 1945 vorbei. Die Stadt selbst befand sich zu diesem Zeitpunkt in desaströsem Zustand. Schon seit der Jahreswende war sie immer wieder Ziel von Bombardierungen gewesen und in den frühen Apriltagen war sie nun auch Plünderungen sowohl von SS-Männern und Zivilbevölkerung als auch von amerikanischen Soldaten zum Opfer gefallen. Auch die Strom-, Gas- und Wasserversorgung war zusammengebrochen, was in den Folgejahren nur bedingt behoben werden konnte.

Relevanz des Materials

Aus dem Aufruf des Landespräsidenten Drake geht deutlich hervor, wie prekär die Lage für die Zivilbevölkerung direkt nach der Eroberung war. Zum Zeitpunkt der Herausgabe des Plakats, dem 27. April, war seither noch kein Monat vergangen und auch die britische Besatzung konnte in diesem kurzen Zeitraum noch keine feste Ordnung etablieren. Der Appell an die Anständigkeit der Menschen in den Punkten 5, 7 und 8 zeugt davon, dass man zunächst weitestgehend sich selbst überlassen wurde. Die Punkte 3, 4 und 9 sind direkte Aufforderungen zum Wiederaufbau und zur Schaffung einer neuen Infrastruktur, welche die Versorgung der Stadt sichern soll. Ganz im Fokus steht jedoch die dringende Lebensmittelknappheit, die schon im Zuge des Ersten Weltkrieges hunderttausenden Menschen das Leben gekostet hatte. Neben dem Aufruf, die landwirtschaftlichen Betriebe zu unterstützen (Punkt 4), wird wiederholt und besonders ausdrücklich auch zur zusätzlichen Selbstversorgung aufgerufen, wie an den Punkten 2 und vor allem 10 deutlich wird. Drake macht mit seinen Worten unmissverständlich klar, dass zur Sicherung der Lebensgrundlage aller auch die Mitarbeit aller gefordert war. Jeder hatte seinen Teil zu tragen.

Mario Polzin

Lernort 

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