Kurze Erläuterung

Der Erste Weltkrieg (1914-1918) führte im Deutschen Reich zu einer Wirtschafts- und Finanzkrise. Viele Wirtschaftszweige, die nicht als „kriegswichtig“ galten, gerieten schon zu Beginn des Weltkrieges in die Krise. Kupfer-, Nickel- und Messingmünzen wurden zur Herstellung von Waffen und Munition beschlagnahmt. Es kam zu einer Münzgeldknappheit und die Inflation nahm aufgrund der anhaltenden Kriegsfinanzierung durch Anleihen zu. Mit Beginn der Reparationszahlungen beschleunigte sich der bereits zuvor schleichende Wertverlust der deutschen Währung. In Dülmen wirkten sich die unmittelbaren kriegswirtschaftlichen Folgen zunächst in der Form aus, dass die Zwangsbewirtschaftung für Brotgetreide noch bis 1923 aufrechterhalten wurde und die für Zucker Ende 1922 eingeführt werden musste. In den Wintern 1921/22 und 1922/23 gewährte die Stadt den örtlichen Vereinen zusätzliche Kredite, damit diese ihre Mitglieder mit Kartoffeln versorgen konnten. Bis 1921 gab es eine städtische Kommission, die sich um die Lebensmittelversorgung der Stadt kümmerte. Um die derart angespannte Finanzlage von Städten, Gemeinden und sogar Vereinen zu verbessern, wurde sogenanntes „Notgeld“ gedruckt. Die Stadt Dülmen etwa ließ bei der Druckerei Ruhfus in Dortmund Serienscheine mit Motiven aus der Stadtgeschichte in einer Auflage von ca. 30.000 Stück je Schein herstellen und gab sie ab dem 1. Dezember 1921 aus. Die auf ihnen abgedruckten Sammelbilder zeigen Ereignisse aus der Stadtgeschichte. Dazu gehören auch die beiden abgebildeten Geldscheine. Der 75-Pfennig-Schein zeigt die Pestprozession der Stadt Dülmen im Jahr 1582. Kurz zuvor wütete die Pest in der Stadt und die Teilnehmer dankten Gott für ihr Überleben.
Der 1-Mark-Schein zeigt das Todesurteil gegen einen kaiserlichen Reiter. Im Dreißigjährigen Krieg sollten die Städte im Februar 1622 kaiserliche Truppen im Stift Münster einquartieren. Wie andere Städte lehnte auch Dülmen ab. Daraufhin überfielen kaiserliche Reiter die Stadt. Der Angriff von der Dülmener Wachmannschaft abgewehrt und die Reiter getötet.

Relevanz des Materials

Die Notgeldscheine bieten sich an, um einen Einstieg in die Wirtschaftskrise zu geben und die Anfänge der Krise zu betrachten. Bis zum Jahr 1922 haben zahlreiche Verwaltungen Notgeld gedruckt, welches häufig künstlerisch oder mit stadtgeschichtlichen Motiven gestaltet war. Mit einem Reichsgesetz vom 17. Juli 1922 wurde die weitere Ausgabe von Notgeld untersagt. Das Verbot konnte jedoch aufgrund erneuter Geldknappheit nicht durchgesetzt werden. Erst nach der Hyperinflation von 1923 entwickelte sich das Notgeld endgültig zum reinen Sammlerobjekt.
Darüber hinaus können die Scheine mit späteren, deutlich weniger künstlerisch gestalteten, Scheinen verglichen werden, um die sich zuspitzende Zwangslage Deutschlands deutlich zu machen.

Dr. Hendrik Martin Lange / Sebastian Sayn / Mario Polzin

Lernort 

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Stadtarchiv Dülmen