Kurze Erläuterung
Bei der Bildquelle handelt es sich um ein Propagandafoto, das eine Dreherin abbildet, die mit spanenden Verfahren wie Drehen, Fräsen oder Schleifen Präzisionsbauteile fertigt – die heutige Berufsbezeichnung würde „Zerspanungsmechanikerin“ lauten. Sie war als Arbeiterin im „Schalker Verein“, einem Hüttenwerk in Gelsenkirchen, beschäftigt. In der Zeit des Nationalsozialismus arbeiteten gut 6.000 Menschen in diesem Unternehmen. Schon vor 1939 spielte Gelsenkirchen in den Kriegsplänen des NS-Regimes eine wichtige Rolle, doch die Ankurbelung der Rüstungsproduktion führte zu Vollbeschäftigung und schließlich sogar zu Arbeitskräftemangel. Infolge des enormen Bedarfs der Wehrmacht an Stahl und Eisen verdoppelte sich die Belegschaft des „Schalker Vereins“ innerhalb kürzester Zeit und auch Frauen wurden entgegen der ideologischen Grundsätze des NS-Regimes eingesetzt.
Relevanz des Materials
Im Bereich des Arbeitsmarktes offenbart sich die Ambivalenz des nationalsozialistischen Frauenbildes. In der Ideologie des NS-Regimes war eine umfassende Mobilisierung von Frauen für die Erwerbsarbeit nicht vorgesehen – vielmehr sollten diese das Ideal der aufopfernden Mutter und Hausfrau erfüllen. Mit Kriegsbeginn wurde allerdings die Rüstungsproduktion angekurbelt und gleichzeitig wurden viele Männer zum Kriegsdienst eingezogen, sodass ein Mangel an Arbeitskräften vorherrschte. Dieses Defizit konnte nicht allein durch Zwangsarbeiter:innen aus den Ostgebieten ausgeglichen werden. Hunderttausende „Volksgenossinnen“ nahmen daher vor allem Beschäftigungsverhältnisse in der Kriegswirtschaft oder auch als Wehrmachtshelferinnen und Krankenschwestern auf. Das Propagandafoto stilisiert die abgebildete Frau bewusst als deutsche Arbeiterin, die souverän die Maschine bedient und auf diese Weise ihren Dienst für die „Volksgemeinschaft“ leistet.
Dr. Hendrik Martin Lange / Christina Lefarth
Das Institut für Stadtgeschichte (ISG) ist die zentrale Einrichtung der Stadt Gelsenkirchen zur Erforschung und Präsentation der Stadtgeschichte. Ihm obliegt die wissenschaftliche Erforschung, Aufbereitung und Präsentation von Stadtgeschichte, insbesondere am Beispiel der Ruhrgebietsstadt Gelsenkirchen. Zum Institut für Stadtgeschichte zählen die Bereiche Stadtarchiv, historische Forschung und Beratung sowie die Dokumentationsstätte „Gelsenkirchen im Nationalsozialismus“. Kern der Dokumentationsstätte ist seither eine Dauerausstellung, die sich schwerpunktmäßig mit der Geschichte des nationalsozialistischen Regimes am Beispiel der Stadt Gelsenkirchen auseinandersetzt. Darüber hinaus dient die Einrichtung der politischen Bildung und bietet zudem die Möglichkeit der lokalen Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte. Führungen, Seminare, Projektbegleitung und die Nutzung der Präsenzbibliothek sind möglich.