Protokoll der Stadtverordnetenversammlung
Textquelle
Coesfeld am 05.04.1933

Kurze Erläuterung

Am 12. März 1933 wurde auf kommunaler Ebene gewählt, in Coesfeld ging es um die Wahl zur Stadtverordnetenversammlung. Zur ersten Sitzung unter dem Vorsitz des langjährigen Bürgermeisters Joseph Bosten (Amtszeit von 1925 bis 1937) traten die Gewählten zur konstituierenden Sitzung am 5. April zusammen.
Auf den Seiten 2 und 3 des Protokolls werden die Wahlergebnisse mitgeteilt, interessant sind dabei auch die Namen und Berufe der Gewählten. Die katholische Zentrumspartei behält klar die Mehrheit (insgesamt 2939 Stimmen). Ihre Fraktionen erringen 7 (Zentrum) bzw. 6 (Arbeitnehmer-Zentrumsliste) Mandate. Die fünf Männer der NSDAP (explizit auch „Hitlerbewegung“ genannt) ziehen zum ersten Mal in die Stadtverordnetenversammlung ein und bilden die drittgrößte Gruppe (1222 Stimmen). Jeweils 2 Vertreter entsenden die „Verbraucher“ und die „Bürgerlichen Vereinigung“. Die linken Parteien spielen praktisch keine Rolle, die SPD erlangt nur ein Mandat (257 Stimmen), die 158 Stimmen reichen für die Kommunisten nicht mal zu einem Sitz.
Im 4. Tagesordnungspunkt „Neuwahl des Beigeordneten“ wird das Machtstreben der Nationalsozialisten und das Zurückweichen der Mehrheitsfraktionen des Zentrums deutlich: „Es wird einstimmig beschlossen, die Wahl durch Zuruf vorzunehmen. Auf Vorschlag des Stadtv[erordneten]. Dr. Backofen [NSDAP] beschließt Stadtverordnetenversammlung einstimmig die Wahl des Hoteliers Heinrich Becker, Coesfeld [NSDAP,] zum unbesoldeten Beigeordneten der Stadt Coesfeld.“ Nach demokratischen Gepflogenheiten wäre der Vertreter der größten Fraktion, dem Zentrum, gewählt worden.

Relevanz des Materials

Die Wahllisten und das Protokoll der Stadtverordnetenversammlung zeigen Mechanismen, wie die NSDAP auf kommunaler Ebene immer stärker die Macht zu sichern versuchte. Das Zentrum als konservativ-rechte Partei hat in diesem Fall nicht entschieden auf ihr demokratisches Recht bestanden. Daran wird deutlich, wie die sogenannte „Gleichschaltung“ im Kleinen umgesetzt und die Macht der einzelnen Parteien ausgehebelt worden ist.

Dr. Hendrik Martin Lange

Lernort 

Das Stadtarchiv Coesfeld ist ein zentraler Erinnerungsort in Coesfeld. Es organisiert Gedenkfeiern und Vorträge, Unterrichtsmaterialien und Bildungsveranstaltungen. Aber vor allem: Es sichert das schriftliche Erbe der Stadt – dauerhaft und für jede und jeden zugänglich. Damit versucht es der Identität Coesfelds eine Heimat zu bieten – vom 12. Jahrhundert bis heute. Die Ratsprotokolle von 1923-1945 sind digitalisiert und online abrufbar. Außerdem gibt es einige Unterrichtsmaterialien zum Download.

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