Kurze Erläuterung
Am 19. April 1933 fand die konstituierende Sitzung der Stadtgemeindevertretung in Billerbeck statt. Zur Kommunalwahl im März traten drei (Berufsstands-)Listen an: „Gewerbe, Handwerk, Landwirt“, „Arbeiter, Beamte und Gewerbetreibende“ und die „NSDAP“. Die NSDAP zog zum ersten Mal mit einem Abgeordneten in das Rathaus ein, beide anderen Listen errangen jeweils vier Sitze. Zwei Vertreter des Stahlhelmes und zugleich führende Honoratioren der Stadt zogen über die Liste ein. Ohne die Entwicklung auf Reichsebene – u.a. „Tag von Potsdam“, Erlass des Ermächtigungsgesetztes – wäre die auf dem Foto abgebildete Präsenz der SA sowie die festliche Ausschmückung des Ratssaales mit einer Hakenkreuzflagge unvorstellbar gewesen. Wie in vielen anderen Städten brachte man die Porträts Hindenburgs und Hitlers an der Wand des Sitzungsraumes übereinander an. Insbesondere der Einmarsch der SA-Leute unter Führung des NSDAP-Ortsgruppenführers, der selbst nicht Mitglied des Stadtparlamentes war, dürfte bei den restlichen Anwesenden seine beabsichtigte Wirkung nicht verfehlt haben. Aufgrund der Anwesenheit der SA wurde die Gemeindevertretung als legislatives Organ entwertet und das staatliche Gewaltmonopol in Gegenwart der Bürgerschaft massiv in Frage gestellt. Indem die Nationalsozialisten den öffentlichen Raum besetzten, wurde der Handlungsspielraum der durch die Wahl legitimierten Gemeindevertreter zunehmend eingeschränkt. Durch ihr Schweigen überließen die städtischen Vertreter den Nationalsozialisten nicht nur den öffentlichen Raum, sondern sie billigten und legitimierten das diskriminierende Vorgehen.
Relevanz des Materials
Mit dem Einzug von Mitgliedern der NSDAP konnte die Partei großen Einfluss auf das politische Geschehen nehmen. Die Flaggen, Fotografien und uniformierten Mitglieder der SA verdeutlichen den Einfluss, den die SA auf die lokalen Akteur:innen hatte. Die im „Tag von Potsdam“ deutlich gewordene prägende Macht der Nationalsozialisten ließ sich auch auf lokaler Ebene nicht mehr verleugnen und führte zu einem enormen Einflusszuwachs.
Dr. Hendrik Martin Lange
Das Archiv der Stadt Billerbeck hat vor allem zwei wichtige Funktionen. Zum einen werden politische Entscheidungen und Verwaltungshandeln dokumentiert. Zum anderen dokumentiert das Stadtarchiv auch die Geschichte der Stadt. Daher archiviert die Stadt Billerbeck alle relevanten Dokumente, die die Stadt betreffen. Dazu gehört beispielsweise ein umfangreiches Fotoarchiv, die Sammlung der lokalen Zeitung(en) und nach Möglichkeit alle Publikationen und Medien, die die Stadt Billerbeck zum Thema hat. Das Archiv steht Historikern und auch interessierten Laien für Forschungsarbeiten zur Verfügung.