Kurze Erläuterung
Im Zuge des Ersten Weltkrieges und seiner politischen Folgen entstand mit der Weimarer Republik die erste Demokratie auf deutschem Boden. Kaiser Wilhelm II. dankte ab und ging ins niederländische Exil. Mit dem Inkrafttreten der Weimarer Verfassung im Jahr 1919 verloren zudem deutsche Adelige ihre sogenannten Standesvorrechte. Die Titel durften jedoch weiterhin als Namensbestandteil geführt werden.
Die im Vertrag von Versailles festgelegten Reparationszahlungen belasteten die durch den Weltkrieg ohnehin stark geschwächte Wirtschaft zusätzlich, noch vor den Auswirkungen der späteren Weltwirtschaftskrise. Um die Finanzlage von Städten, Gemeinden und sogar Vereinen zu verbessern, wurde sogenanntes „Notgeld“ gedruckt. Im Jahr 1921 gab die Stadt Herne eine künstlerisch gestaltete Notgeld-Serie heraus. Diese umfasste zehn Scheine, alle im Wert von 50 Pfennig, mit einer identischen Rückseite. Die Motive der Vorderseiten erzählten eine regionale Legende um den Ritter Jo(b)st von Strünkede, einen berüchtigten Raubritter, der sein Unwesen trieb, bis er von den Bürgern Recklinghausens erschlagen wurde. Die Scheine waren nicht nur Zahlungsmittel, sondern erfreuten sich auch als Sammelobjekte mit starkem regionalhistorischem Bezug großer Beliebtheit.
Relevanz des Materials
Bis zum Jahr 1922 haben zahlreiche Verwaltungen Notgeld gedruckt, welches häufig künstlerisch oder mit stadtgeschichtlichen Motiven gestaltet war. Mit einem Reichsgesetz vom 17. Juli 1922 wurde die weitere Ausgabe von Notgeld untersagt. Das Verbot konnte jedoch aufgrund erneuter Geldknappheit nicht durchgesetzt werden. Erst nach der Hyperinflation von 1923 entwickelte sich das Notgeld endgültig zum reinen Sammlerobjekt. Die Geschichte entstammt dem Spätmittelalter und veranschaulicht exemplarisch das Entstehen eines städtischen Bürgertums, welches sich von einem terrorisierenden Adeligen befreite. Des Weiteren ist das Schloss Strünkede in Herne bis heute erhalten geblieben.
Zudem ist der Zeitpunkt der Publikation dieser Geschichte auf Geldscheinen von Relevanz. Das starke Bürgertum wird während einer schweren Zeit präsentiert. Zu dieser Zeit wurden adelige Standesrechte abgeschafft und der Kaiser ins Exil geschickt. Darüber hinaus lassen sich die aufwendig verzierten Notgeldscheine sehr gut mit den späteren Notgeldscheinen aus Westfalen vergleichen, da sie weniger geschmückt sind und man vermutlich davon ausgegangen ist, dass die Notlage nur kurz anhalten würde. Die Notgeldscheine können auch als Ausgangspunkt genutzt werden, um in die Wirtschaftskrise einzuführen.
Dr. Hendrik Martin Lange / Sebastian Sayn
Das Institut für Stadtgeschichte Recklinghausen ist die Zusammenführung vom Vestischen Museum und dem Stadtarchiv. In der „RETRO STATION“ präsentiert das Institut für Stadtgeschichte zahlreiche Ausstellungsstücke, die für die Entwicklung Recklinghausens von Bedeutung sind.
Die Ausstellung besteht aus drei Teilbereichen: Die Entwicklung der Stadt bis um das Jahr 1900, die Geschichte des Bergbaus in der Region und die Ereignisse des 20. Jahrhunderts. Im Verlauf des Rundgangs lassen sich die wichtigsten Stationen von der frühen Besiedlung der Region bis zur Gegenwart erschließen.
Es gibt verschiedene Führungen und ein umfangreiches Vermittlungsangebot.