Kurze Erläuterung

Die Völker der Herero und Nama waren die ursprünglichen Einwohner:innen der Kolonie Deutsch-Südwestafrika, auf dem Gebiet des heutigen Namibia. Deutsche Siedler:innen, Soldaten und Kolonialbeamte beanspruchten in den Kolonialgebieten immer mehr Land, da sie sich den Bewohner:innen der Kolonie gegenüber für „rassisch“ überlegen hielten. Damit nahmen sie den Herero und Nama, die von der Viehzucht lebten, die Existenzgrundlage. 1904 erhoben sich zunächst die Herero gegen die deutsche Kolonialverwaltung. Die Schutztruppe, zuständig für die Ordnung und Sicherheit, war zunächst zahlenmäßig unterlegen, konnten aber mit Verstärkung aus dem Deutschen Kaiserreich den Aufstand schnell niederschlagen. Nach der entscheidenden Schlacht am Waterberg am 12. August 1904 flohen die verbliebenen Herero in die angrenzende Omaheke-Wüste. Generalleutnant und Befehlshaber Lothar von Trotha gab den Soldaten den Befehl, die Wüste abzuriegeln – viele Herero fanden dadurch den Tod oder gerieten in (tödliche) Kriegsgefangenschaft.
Angesichts des deutschen Vernichtungskrieges gegen die Herero erhoben sich 1904 auch die Nama, die sich mit den deutschen Truppen bis 1907 einen Guerillakrieg lieferten. 1908 wurden aufständische Nama und die überlebenden Herero in Konzentrationslager interniert. Der deutsche Krieg gegen die Herero und Nama forderte zwischen 50.000 und 70.000 Menschenleben und gilt als erster Völkermord des 20. Jahrhunderts.
Das Foto stammt aus dem Besitz von August Pieper (1883–1952) aus Minden. Pieper trat 1901 in das Infanterie Regiment Nr. 15 („Prinz Friedrich der Niederlande“) in Minden ein. Er diente 1904–1907 in der kaiserlichen Schutztruppe in Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia) und nahm an der Niederschlagung des Aufstandes der Herero und Nama teil. Pieper kämpfte außerdem im Ersten und im Zweiten Weltkrieg.

Relevanz des Materials

Das Foto ist eine gestellte Aufnahme. Es zeigt eine Gruppe von Menschen: In der Mitte sitzt ein Mann, der sich auch durch seinen Schmuck von den anderen um ihn herum – Frauen und Kinder – abhebt. Bei dem Mann handelt es sich um Banjo, einen der Häuptlinge der Herero. Er ist – so eine Deutung – umringt von seiner Familie. Banjo gehört zu den Herero, die in der Omaheke-Wüste umgekommen sind. Im Deutschen Kaiserreich existierten viele Fotos, die die Kolonien – indigene Personen wie auch Orte – zeigten. Diese entsprechen aber den Sehgewohnheiten und dem Blick der Menschen im Deutschen Kaiserreich. Fotos waren somit ein Mittel der Inszenierung von Kolonialherrschaft. Das vorliegende Foto kann so gedeutet werden, dass es sich um eine Art Trophäe handelt, da es den besiegten Gegner – die Herero – bzw. aus heutiger Sicht die Opfer des Krieges zeigt Es zeigt zudem auf, dass Bilddarstellungen dieser Art auch in Westfalen im Umlauf waren. Diese prägten die Wahrnehmung der Kolonien und der dortigen Bevölkerung auch hier.

Daniel Sobanski

Lernort 

Das vergleichsweise junge LWL-Preußenmuseum in Minden arbeitet aktuell an der Eröffnung seiner neuen Dauerausstellung. Darüber hinaus werden schon jetzt wechselnde Ausstellungen gezeigt, aber auch Veranstaltungen und Projekte der Kulturvermittlung angeboten. Die umfangreiche Sammlung des Preußenmuseums besteht vor allem aus Objekten und wird durch eine Bibliothek ergänzt. Aktuell wird auch noch an einem Recherchekonzept gearbeitet.

LWL-Preußenmuseum Minden