Vertrag über Lieferung von Transmissionswellen für die S.M.S. Baden
Textquelle
Dortmund 1883

Kurze Erläuterung

Ende des 19. Jahrhunderts stieg das Deutsche Reich zur größten Wirtschaftsmacht Europas auf. Kaiser und Regierung beanspruchten deshalb für Deutschland einen Rang als internationale Großmacht. Um diesem Anspruch in aller Welt Nachdruck zu verleihen, beschloss das Reich, eine Kriegsflotte aufzubauen. Zwischen 1897 und 1900 verabschiedete der Reichstag die sogenannten Flottengesetze, die den Umfang der geplanten Flotte, den Zeitplan zur Fertigstellung usw. festlegten. Innenpolitisch sollte der Flottenbau dem politisch, sozial und konfessionell gespaltenen Land ein gemeinsames, nationales Projekt geben. Durch Publikationen und Ausstellungen wurde das Projekt bekannt gemacht. Bald begeisterten sich weite Teile der Bevölkerung für die Flotte. Es wurde z.B. Mode, dass Kinder Matrosenanzüge trugen. Auch die Wirtschaft sollte von den Aufträgen der Kaiserlichen Marine profitieren.
Das britische Empire, die größte Seemacht der Welt, sah sich durch die deutsche Aufrüstung bedroht und in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt – Schiffe, die den Ärmelkanal gegen deutsche Schiffe sichern mussten, konnten nicht in den Kolonien in Indien oder Afrika eingesetzt werden. Ein Wettrüsten begann. Die deutsch-britische Rivalität war eine Ursache des Ersten Weltkriegs.

Relevanz des Materials

Die Eisen- und Stahlindustrie des Ruhrgebiets profitierte enorm vom Bau der Kaiserlichen Flotte. Die Werften an Nord- und Ostsee benötigten große Mengen an Stahlplatten und -bauteilen, die sie unter anderem aus dem westfälischen Industrierevier bezogen. Die Union AG für Bergbau, Eisen- und Stahlindustrie war eines der größeren Unternehmen der rheinisch-westfälischen Stahlindustrie. Die Union AG unterhielt Hüttenwerke in Essen-Steele, Dortmund und Hattingen.
Der Vertrag zwischen der Union AG und der Werft in Kiel stammt zwar noch aus der Zeit vor dem Flottengesetz. Die Seine Majestät Schiff „Baden“ war eine Panzerkorvette, ein vergleichsweise kleines Schiff, das zur Küstenverteidigung eingesetzt wurde.
Die Henrichshütte lieferte nur einige Maschinenbauteile für ein relativ kleines Schiff. Dieser Auftrag hatte schon ein Volumen von 3.277 Mark (das entspricht Stand 2023 grob 26.200 Euro). Der Bau von Hochseeschlachtschiffen ab 1897 war entsprechend noch lukrativer.

Daniel Sobanski

Lernort 

Viele historische Unterlagen zur Geschichte der Henrichshütte befinden sich heute in Duisburg-Ruhrort, im thyssenkrupp Corporate Archive. Die Bestände umfassen die Überlieferungen vieler schwerindustrieller Unternehmen, die irgendwann Teil des ThyssenKrupp-Konzerns geworden sind.

thyssenkrupp Corporate Archives