Postkarte „Eingeborene Soldaten in Deutsch-Süd-West-Afrika“
Bildquelle
Minden / Namibia 1904-1907

Kurze Erläuterung

Ende des 19. Jahrhunderts gründeten zunächst private Gesellschaften erste deutsche Stützpunkte in verschiedenen afrikanischen Ländern. Die Kolonialgesellschaften schlossen sogenannte „Schutzverträge“ mit lokalen Eliten (Häuptlingen, Stammesführern) ab. Die lokalen Herrscher konnten kaum absehen, welche Rechte sie den Deutschen damit einräumten. So sicherten sich die Kolonialunternehmer scheinbar legal das Land. Später erteilte das Deutsche Kaiserreich sogenannte „Schutzbriefe“ und nahm die Gebiete damit offiziell in Besitz. Zur Sicherung der neu erlangten „Schutzgebiete“ wurden „Schutztruppen“ eingerichtet.
Zu den Militär- und Polizeitruppen gehörten neben deutschen Soldaten und Offizieren auch Söldner, die in Afrika angeworben wurden. In der Kolonie Deutsch-Ostafrika (heute Tansania, Ruanda, Burundi) setzte die deutsche Schutztruppe eine größere Anzahl sogenannte „Askari“ (Swahili: Soldat) ein. Diese Soldaten setzten die Kolonialpraxis der deutschen Kolonisatoren um und galten deshalb bei der einheimischen Bevölkerung als brutal. Gerade um die Askari ranken sich bis heute koloniale bzw. kolonialrevisionistische Mythen wie bspw. die Figur des „treuen Askari“. Diese Mythen fungieren u.a. als Bestätigung einer vorbildlichen und erfolgreichen deutschen Kolonialpolitik.
In Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia, war das Klima milder und so wurden vermehrt auch Soldaten aus Deutschland vom europäischen Festland eingesetzt. Trotzdem dienten auch hier Einheimische in der Schutztruppe.
Die vorliegende Postkarte stammt aus dem Besitz von August Pieper (1883–1952) aus Minden. Pieper trat 1901 in das Infanterie Regiment Nr. 15 („Prinz Friedrich der Niederlande“) in Minden ein. Er diente 1904–1907 in der kaiserlichen Schutztruppe in Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia) und nahm an der Niederschlagung des Aufstandes der Herero und Nama, dem ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts, teil. Pieper kämpfte auch im Ersten und im Zweiten Weltkrieg.

Relevanz des Materials

Die Postkarte aus Piepers Nachlass zeigt einerseits, wie deutsche und einheimische Soldaten im Alltag zusammenarbeiteten. Die Szene zeigt aber auch eine klare Hierarchie. Eine Einheit afrikanischer Soldaten steht stramm, während weiße Offiziere oder Unteroffiziere sie beaufsichtigen und Befehle erteilen. Damit zeigt diese Postkarte eine koloniale Perspektive auf die lokale Bevölkerung bzw. die Mitglieder der Schutztruppen, die scheinbar gefügig den Befehlen der weißen Befehlsgebenden folgen.

Daniel Sobanski

Lernort 

Das vergleichsweise junge LWL-Preußenmuseum in Minden arbeitet aktuell an der Eröffnung seiner neuen Dauerausstellung. Darüber hinaus werden schon jetzt wechselnde Ausstellungen gezeigt, aber auch Veranstaltungen und Projekte der Kulturvermittlung angeboten. Die umfangreiche Sammlung des Preußenmuseums besteht vor allem aus Objekten und wird durch eine Bibliothek ergänzt. Aktuell wird auch noch an einem Recherchekonzept gearbeitet.

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