Umbenennung von Straßen
Textquelle
Coesfeld 1933

Kurze Erläuterung

Am Ende der ersten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung nach der Wahl am 12. März 1933 setzten die Nationalsozialisten in der Stadt Coesfeld wie in anderen Orten ein wichtiges Zeichen. Schon am 5. April, gerade mal gut zwei Monate nach dem Regierungsantritt von Adolf Hitler in Berlin, wurden Straßen und Plätze in vielen Städten Deutschlands umbenannt.
Der Nationalsozialist Heinrich Becker stellte den Antrag, den Marktplatz in „Hindenburgplatz“ und die Letter Straße in „Hitlerstraße“ umzubenennen. Paul von Hindenburg stand als Reichspräsident für die preußische Tradition und nach dem „Tag von Potsdam“ (21. März) fand diese Umbenennung keinen Widerspruch. Wegen der Letter Straße, einer der Hauptstraßen der Innenstadt, gab es jedoch Bedenken. Vielsagend ist, dass diese Argumente gar nicht mitgeteilt wurden und die Stadtverordneten außerhalb der Sitzung sich damit einverstanden erklärten, die kleinere, nicht so zentrale gelegene, Gartenstraße in „Hitlerstraße“ umzubenennen.
In Coesfeld gab es keine Straßennamen, die nach demokratischen Politikern der Weimarer Republik benannt waren, folglich mussten die Nationalsozialisten deshalb keine Umbenennungen vornehmen. Ihr Gedankengut versuchten sie in den folgenden Jahren in die Straßenbenennung und die Bezeichnung von Schulen einzubringen. So wurde 1936 die „Hitlerstraße“ in „Ludwig-Knickmann-Straße“ und die Letter Straße, Schüppenstraße und Teile der Dülmener Straße in „Adolf-Hitler-Straße“ umbenannt. Dies entspricht einem zentralen Straßenverlauf im Zentrum der Stadt in der heutigen Fußgängerzone. Im April 1945 erfolgte zu Beginn der alliierten Besatzung die Rückbenennung ohne förmlichen Ratsbeschluss durch Auswechselung der Straßennamenschilder.

Relevanz des Materials

Anhand dieser Diskussion über die Benennung der Straßen wird deutlich, wie die Mitglieder der NSDAP versucht haben, durch Benennung zentraler Straßen in der Stadt die öffentliche Wahrnehmung zu lenken. Bei den umbenannten Straßen handelt es sich um zentrale Straßen in der Innenstadt, das heißt, aufgrund der neuen Namensgebung wirken sie als Teil der NS-Propaganda direkt in die Gesellschaft hinein. Dass auch eine Straße nach Hindenburg benannt wurde, zeigt die Bedeutung, die ihm als Reichspräsident in der Anfangsphase, insbesondere kurz nach dem „Tag von Potsdam“, (noch) zugeschrieben wurde.

Dr. Hendrik Martin Lange

Lernort 

Das Stadtarchiv Coesfeld ist ein zentraler Erinnerungsort in Coesfeld. Es organisiert Gedenkfeiern und Vorträge, Unterrichtsmaterialien und Bildungsveranstaltungen. Aber vor allem: Es sichert das schriftliche Erbe der Stadt – dauerhaft und für jede und jeden zugänglich. Damit versucht es der Identität Coesfelds eine Heimat zu bieten – vom 12. Jahrhundert bis heute. Die Ratsprotokolle von 1923-1945 sind digitalisiert und online abrufbar. Außerdem gibt es einige Unterrichtsmaterialien zum Download.

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