Stempeluhr zum Abstempeln von Arbeitszeiten
Sachquelle
Wehringhausen 1925

Kurze Erläuterung

Die Stempeluhr, auch Kontroll- oder Stechuhr genannt, diente zum Abstempeln von Arbeitszeiten auf einer Zeitkarte. Vergleichbare Systeme, zunehmend jedoch digital und elektronisch, werden bis heute verwendet, um die Pünktlichkeit von Arbeitnehmern zu erfassen und zu kontrollieren. Derartige Uhren befanden sich an Zugängen in Verwaltungsgebäuden und an Werktoren. Bei Arbeitsaufnahme und nach Feierabend wurden sie von den Arbeitskräften betätigt. Die abgestempelte Karte kam in einen nummerierten Wandkasten, um durch die Personalabteilung ausgewertet zu werden. Unpünktlichkeit, Unregelmäßigkeiten und das nicht vorschriftsmäßige Verhalten konnten zur Kündigung führen. Die Stempeluhr wurde um 1925 von der Kontrolluhrenfabrik Friedrich Ernst Benzing in Schwenningen am Neckar gefertigt. Das 1845 gegründete Unternehmen spezialisierte sich bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert auf die Produktion und den Vertrieb von Kontroll- und Wächteruhren. Im Verlauf der Industrialisierung entstanden mehr und mehr Großbetriebe mit hunderten oder sogar tausenden Arbeitskräften. Der Faktor Arbeitszeit bedeutete für die Unternehmen bilanzierbare Ausgaben, die erfasst und kontrolliert werden mussten. Die 1888 im Hagener Stadtteil Wehringhausen gegründete Accumulatoren Fabrik AG (AFA) – 1962 in Varta Batterie AG umbenannt – war mit bis zu 7.000 Beschäftigten einer der größten Arbeitgeber in der Region. Schon früh setzte der Hersteller von Batterien und Akkumulatoren auf moderne Büro- und Verwaltungstechnik. So wurde in diesem Betrieb bereits 1911 eine der ersten Hollerith-Lochkartenmaschinen zur Erfassung von Daten eingesetzt. Mit dieser Maschine wertete die Personalabteilung auch die Karten der Stempeluhren aus, die an den Zu- und Ausgängen der Werksabteilungen angebracht waren.

Relevanz des Materials

Mit der Einführung von Stempel- bzw. Stechuhren war der erste Schritt zur Automatisierung der Arbeiterkontrolle gemacht. Anwesenheitszeiten wurden nun automatisch bzw. von den Arbeiter:innen selbst erfasst. Durch den Umstand, dass Arbeiter:innen zu Arbeitsbeginn ihre gestempelte Karte in ein anderes Fach als jenes legten, aus dem sie diese herausgenommen hatten, war es nun zudem auch möglich, auf einen Blick erfassen zu können, wer anwesend war und wer nicht. Grade in größeren Werken war eine Anwesenheitskontrolle anders kaum noch möglich. Dadurch wurden jedoch auch neue Disziplinarmaßnahmen möglich: Durch die Schließung der Werkstore nach Schichtbeginn mussten Zuspätkommende mitunter ohne die Möglichkeit ihre Karte zu stempeln – und somit auch ohne Chance auf ihren Tageslohn – wieder gehen. Andererseits war ein solcher Anwesenheitsnachweis, den eine Stempelkarte darstellte, auch eine Art Versicherung für die Arbeiter:innen, denn auf diese Weise konnten sie nicht um ihre tatsächlich geleistete Arbeitszeit betrogen werden. Auch Verwechslungen waren so nahezu ausgeschlossen, sofern die richtige Karte zum Einstempeln verwendet worden war. Für die Arbeiterschaft hatte die Einführung solcher Uhren also sowohl Vor- als auch Nachteile.

Franziska Hackenes / Mario Polzin

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