Nach der Gründung des Deutschen Kaiserreiches 1871 war die Deutsche Einheit zwar politisch vollendet und der Nationalstaat formell gebildet. Die Unterschiede in Identität, Kultur und z.T. auch Sprache z.B. zwischen den unterschiedlichen Regionen und ehemaligen eigenständigen Staaten waren jedoch noch groß. Genauso spalteten religiöse Unterschiede zwischen Protestant:innen, Katholik:innen und Jüdinnen und Juden oder soziale Unterschiede zwischen Bürgertum und Proletariat die Gesellschaft. Die Nation benötigte eine gemeinsame Identität und eine einigende nationale Erzählung.
Mit Preußen als Führungsmacht war das Deutsche Reich protestantisch geprägt. Nach der Gründung eskalierte der schwelende Konflikt zwischen der Regierung Bismarck und der katholischen Minderheit in Preußen zum sogenannten Kulturkampf. Durch verschiedene Gesetze und Verordnungen wurde der Einfluss der katholischen Kirche sowie katholischer Vereine und Gewerkschaften eingeschränkt. Da die katholische Zentrumspartei trotzdem weiter an Einfluss gewann, arrangierte sich Bismarck schließlich mit den Katholik:innen.
Relevanz des Materials
Die Korrespondenz zwischen den hochrangigen Regierungsbeamten ist ein Beispiel für die Überwachung und Verfolgung von Aktivitäten katholischer Organisationen. Auffällig sind dabei Formulierungen wie der Verweis auf die Zentrumspartei als „ultramontane Partei“. Der Begriff „ultra-montan = über die Berge“ weist darauf hin, dass die Katholik:innen, nach damaliger Vorstellung, nicht allein dem Kaiser in Berlin treu waren, sondern auch dem Papst in Rom. Ihre Loyalität war in den Augen der Regierung also zweifelhaft. Interessant ist an dem Schreiben, dass der Absender anscheinend eine gehäufte Ansammlung katholischer Postbeamter ausgemacht hat. Da Postbeamte eine gewisse Verantwortung und durch den Kontakt zu breiten Bevölkerungskreisen gute Informationsträger waren, sah man hier wohl eine Gefahr, dass durch die Postbeamten katholische Ideen weiterverbreitet werden könnten.
Daniel Sobanski
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