Kurze Erläuterung
Das Foto zeigt eine große Gruppe von Bergleuten, aufgenommen im Jahr 1885 vor einer Erzgrube im Siegerland. Auffällig ist der hohe Anteil an Kindern und Jugendlichen auf dem Bild, was auf die damals weit verbreitete Praxis der Kinderarbeit hinweist. In der Zeit der Hochindustrialisierung war es üblich, dass Kinder bereits im jungen Alter schwere körperliche Arbeiten verrichten mussten – besonders im Bergbau oder in der Eisen- und Stahlindustrie.
Die Industrialisierung hatte einen enormen Bedarf an billigen Arbeitskräften erzeugt. Kinder galten als besonders geeignet für enge Stollen oder einfache, aber belastende Tätigkeiten. Dabei wurden gesundheitliche Folgen, fehlende Bildung und hohe Unfallrisiken meist ignoriert. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden gesetzliche Regelungen zur Einschränkung der Kinderarbeit eingeführt, wie z. B. das Kinderschutzgesetz von 1903, das eine Schulpflicht und Mindestarbeitsalter vorsah.
Relevanz des Materials
Das im Jahr 1885 angefertigte Gruppenfoto zeigt eine große Zahl von Bergleuten vor einer Siegerländer Erzgrube. Auffällig ist der hohe Anteil an Kindern und Jugendlichen, was auf die damals verbreitete Kinderarbeit im Bergbau hinweist. Die Analyse des vorliegenden Materials ermöglicht die Darstellung der gesellschaftlichen Realität der Hochindustrialisierung. Die Ausübung von Kinderarbeit stellte ein alltägliches Phänomen dar und war ein fester Bestandteil der Arbeitswelt.
Es kann erarbeitet werden, unter welchen Bedingungen Kinder und Erwachsene arbeiteten und wie die soziale Zusammensetzung der Belegschaft aussah. Die Analyse der Aufnahme erlaubt eine Untersuchung der Vorstellungen von Kindheit und Arbeit im späten 19. Jahrhundert. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, eine Einschätzung darüber vorzunehmen, welche gesundheitlichen Belastungen, Bildungschancen und Risiken mit der Arbeit assoziiert waren. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung sollen die Entwicklung von gesetzlichen Regelungen zum Kinderschutz sowie die Rolle früher Arbeiterproteste als Themen behandelt werden.
Die vorliegende Analyse der Bildkomposition und Inszenierung historischer Fotografien ermöglicht eine Reflexion über die Funktion dieser als Quelle. Im Rahmen des Unterrichts kann eine Diskussion darüber geführt werden, inwiefern sich Arbeitsrecht und Kinderschutz im Laufe der Zeit gewandelt haben und welche Bedeutung das Thema Kinderarbeit in der heutigen Zeit hat. Das Foto bietet somit vielfältige Ansatzpunkte, um soziale Ungleichheiten, historische Verantwortung und ethische Fragestellungen gemeinsam zu erschließen.
Sebastian Sayn
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