Artikel „Noch kein Friede! Noch kein Sieg!“
Textquelle
Coesfeld 1920

Kurze Erläuterung

Im April 1920 druckten zahlreiche Zeitungen in Westfalen diesen Aufruf ab. Der Generalmajor und Kommandeur der 2. Westfälischen Reichswehrbrigade Nr. 31 warb in der propagandistischen Anzeige um den Eintritt in die Reichswehr oder die örtlichen Polizeibehörden. Er wendet sich klar gegen die „Anhänger der Diktatur des Proletariats“, also den Kommunisten und den Resten der „Roten Ruhrarmee“. Diese hat als Reaktion auf den rechtsgerichteten Kapp-Putsch im Frühjahr 1920 für mehrere Wochen weite Bereiche des Ruhrgebietes beherrscht. Die „Rote Ruhrarmee“ drang zeitweise bis Raesfeld, Lüdinghausen, Haltern und Dülmen vor. Folglich sah sich auch die Stadt Coesfeld unmittelbar bedroht, zumal die große Zahl der täglich zu Schachtanlagen in Gladbeck, Hervest-Dorsten und Bork pendelnden Bergleute wohl unmittelbar von dem Aufruhr zu berichten wussten. Regierungstruppen und rechte Freikorps eroberten in erbitterten Gefechte das Ruhrgebiet.
Gleichwohl setzte sich in weiten Teilen der bäuerlichen Bevölkerung und des Bürgertums der fixe Gedanke fest, dass eine wohlgerüstete „Rote Armee“ im Untergrund weiterbestehe. Diese Furcht stützte die politische Trendwende nach rechts, schlug sich nachhaltig bei der Reichstagswahl vom Juni 1920 nieder und bescherte den vaterländischen Zirkeln und Verbänden in den folgenden Monaten auch in Coesfeld Zulauf.

Relevanz des Materials

Im Frühjahr 1920 musste die Weimarer Republik ihre erste große Existenzkrise überstehen, die durch einen Rechtsputsch ausgelöst wurde, der einen Linksputsch nach sich zog. Nach den Abrüstungsbestimmungen des Versailler Vertrages sollten bis zum 31. März – nach einer Fristverlängerung bis zum Jahresende – das Heer auf 100 000, die Marine auf 15 000 Mann verkleinert werden. Rund 300 000 Reichswehrangehörige und Freikorpsleute standen vor der Entlassung. Die meisten klammerten sich an das Militär, das ihnen Halt gab. Der Kapp-Lüttwitz-Putsch begann am 12. März 1920 in Berlin und endete dank eines Generalstreiks und fehlendem Rückhalt am 17. März; in direkter Reaktion auf diesen rechten Putschversuch bildete sich im Ruhrgebiet die linke „Rote Ruhrarmee“. Diese etwa 50.000 Mann starke Armee wurde in den nächsten Wochen von regulären Armeeeinheiten und Freikorps blutig bekämpft.
Die Zeitungsanzeige verdeutlicht die Einstellung der Reichswehr und der zentrumsnahen Leserschaft der entsprechenden Zeitungen, darunter des Herforder Kreisblattes.

Dr. Hendrik Martin Lange

Lernort 

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