Kurze Erläuterung
Das Foto aus dem Stadtarchiv Billerbeck zeigt einen Umzug anlässlich des 25-jährigen Stiftungsfestes des Turnvereins 1937. Die Sportler ziehen durch die „Lange Straße“, die Hauptgeschäftsstraße in der Domstadt.
Der Verein wurde am 12. Januar 1912 als „Turnverein Billerbeck“ gegründet und war Mitglied der Deutschen Jugendkraft (DJK), dem katholischen Sportverband. Im Frühjahr 1919 wurde mit dem „FC Pfeil Billerbeck“ ein Fußballverein gegründet. Am 4. Juli 1933 trat der Turnverein auf Druck der Nationalsozialisten aus der DJK aus, bevor der Verein am 31. März 1937 in „VfL Billerbeck“ (Verein für Leibesübungen) umbenannt wurde. Gleichzeitig schloss sich der FC Pfeil dem VfL an. 1935 wurde die DJK im Rahmen der Gleichschaltung der Sportorganisationen, ebenso wie alle anderen konfessionellen Sportorganisationen, auch reichsweit verboten. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der VfL Billerbeck am 21. September 1945 neu gegründet, der am 2. April 1960 wieder der Deutschen Jugendkraft beitrat.
Das Foto zeigt Umzüge unter nationalsozialistischer Regie. Penibel wurde darauf geachtet, dass zu allen möglichen Tagen an öffentlichen Gebäuden und an Privathäusern Hakenkreuz-Flaggen gehisst wurden. Die Nationalsozialisten betrieben einen regelrechten Fahnenkult, häufig mit dem Ziel, das Zusammengehörigkeitsgefühl der „Volksgemeinschaft“ zu erhöhen. Durch das Zeigen der Flagge demonstrierte jeder „Volksgenosse“ für alle sichtbar seine Treue zum NS-System. Fehlte die Beflaggung geriet man schnell in den Fokus der Partei und staatlichen Stellen. Für die Beschaffung der Flaggen waren die Hauseigentümer verantwortlich, sie wurden nicht von der NSDAP gestellt.
Relevanz des Materials
Mithilfe der Fotografie im Zentrum Billerbecks lässt sich die Vereinnahmung und Gleichschaltung der verschiedenen Lokalvereine an einem Beispiel erarbeiten. Die Mitglieder des Sportvereins marschieren in militärischer Manier durch das Stadtzentrum und präsentieren sich eingerahmt durch die nationalsozialistische Propaganda. Besonders die zahlreichen Fahnen fallen dem Betrachtenden dabei auf und verdeutlichen Lernenden die bewusste Inszenierung derartiger Veranstaltungen. Denn gerade auch diese kleinen Umzüge schaffen vor Ort Anschlusspunkt für die Menschen an die NS-Ideologie.
Sport wird dabei nicht nur bei dieser Veranstaltung als zentrales Element hervorgehoben. Teil der Rassenideologie war die Überlegenheit der eigenen, „arischen“ Rasse, was durch Sport einen weiteren Ausdruck der eigenen Leistungsfähigkeit fand und so auch die körperliche Stärke hervorhob.
Dr. Hendrik Martin Lange
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