Kurze Erläuterung
Der totalitäre Charakter der NS-Diktatur wird auf dem Foto aus dem Stadtarchiv Billerbeck mehr als deutlich. Die offizielle Einführung des neuen Amtsbürgermeisters Ernst Böcker im Jahre 1939 im Ratssaal der Stadt zeigt die Verschmelzung von Staat und Partei unmissverständlich. Das Hakenkreuz als Parteisymbol der NSDAP ist omnipräsent, als Binde am linken Arm, als Fahnen in der Ecke oder als Wand-Banner im Mittelpunkt. Der Führer Adolf Hitler ist gleich in doppelter Ausführung zu sehen. Einmal als Marmorbüste umrahmt von Bäumchen, an der Wand hinter dem Vorsitzendem und als Gemälde am rechten Bildrand. Gemäß dem Führerbild sind auch die lokalen Parteigenossen in Uniform erschienen. Seit der „Machtübertragung“ 1933 nahmen die Kommunalpolitiker mehrheitlich in Parteiuniform an den Sitzungen der Gemeindeorgane teil. Im Jahre 1939 war die NSDAP die einzig erlaubte Partei in Deutschland, der Amtsbürgermeister wurde auch nicht von der Bevölkerung gewählt. Gemäß dem Führergedanken hatte die „gleichgeschaltete“ Versammlung den Charakter einer faschistischen Parteiveranstaltung.
Auf dem Bild ist keine Frau zu sehen, dies verstärkt noch einmal die NS-Ideologie, die die Frau aus der politischen Arena heraushalten wollte. Das zweite Sichtbare Gemälde zeigt einen älteren Mann, evtl. den verstorbenen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg. Auf anderen Aufnahme aus der NS-Zeit sieht man an den Wänden des Ratssaals weitere Bilder, die die katholische Prägung der Stadt illustrieren. Ob 1939 noch Gemälde vom Billerbecker Ludgerus-Dom zu sehen sind, ist unklar.
Relevanz des Materials
Anhand der vorliegenden Bildquelle kann zunächst die Idee des Führerkults herausgearbeitet werden. Der neue Bürgermeister Billerbecks steht in der Fotografie zentral, wohingegen alle anderen Personen sitzen. Diese wohl bewusste Inszenierung des „starken Mannes“ ist typisch für nazistische Darstellungen. Dabei wird das Amt und die Person Böckers zugleich nationalsozialistisch vereinnahmt, da die Szene im Ratssaal durch Hakenkreuzfahnen links und ein zentrales Symbol hinter Böcker entsprechend gerahmt wird. So soll eine Verschmelzung von Partei und Staatsapparat auch auf lokalpolitscher Ebene suggeriert werden.
Dr. Hendrik Martin Lange
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