Kurze Erläuterung
Der protestantische Herzog Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel nahm Ende 1622 mit seinen Truppen die Städte Soest und Paderborn ein. Um die Aufstellung seines eigenen Heeres finanzieren zu können, plünderte er weitere Ortschaften im östlichen und südlichen Westfalen. Die herkömmlichen Plünderungen reichten jedoch nicht aus, um seine 21.000 Mann starke Armee zu finanzieren. Für die übrige Finanzierung ließ der Herzog den in Soest erbeuteten Paderborner Domschatz einschmelzen – darunter den Liborischrein, welcher zur Aufbewahrung des Körpers des Heiligen Liborius diente. Aus dem eingeschmolzenen Domschatz wurden die sogenannten Pfaffenfeindmünzen gefertigt. Allein die Plünderung stellte eine Schande und einen Angriff auf das katholische Fürstentum dar. Doch die Einschmelzung stellte dessen gesamte Existenz in Frage, da nun die heiligen Reliquien, auf die sich das Fürstentum gründete, vernichtet waren.
Das abgebildete Flugblatt wurde von dem niederländischen Kupferstecher und Verleger Claes Jansz. Visscher (1586–1652) im Jahr 1622 in Amsterdam gefertigt. In der Mitte des Flugblattes ist der Heilige Liborius dargestellt. Die Szenen, die ihn links und rechts umgeben, veranschaulichen den Raub des Domschatzes und die Einschmelzung zu Pfaffenfeindmünzen.
Relevanz des Materials
An dem Flugblatt lassen sich typische Aspekte der Kriegsfinanzierung erarbeiten. Die Finanzierung von Söldnern und die Bewerbung der eigenen Sache mittels feindlicher Geldmittel war typisch für die Kriegsfinanzierung im Dreißigjährigen Krieg. Die protestantischen Truppen machten in diesem Fall jedoch auch nicht vor Kirchen Halt, sodass neben dem Domschatz auch der Sarg des Kirchenheiligen geplündert und eingeschmolzen wurde.
Das auf dem Gebiet der heutigen Niederlande produzierte Flugblatt zeigt, dass dieses Ereignis zu propagandistischen Zwecken weiterverbreitet wurde, um die Macht des Eroberers zu beweisen. Für die Frühe Neuzeit sind Distanzen wie zwischen Paderborn und Amsterdam sehr groß. Das gerade dieses Beispiel hier aufgegriffen wird, zeigt auch die Auswirkungen des Krieges auf Europa: Die militärischen Auseinandersetzung bleibt hier nicht auf regionaler Ebene.
Helen Bittner
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