Kurze Erläuterung
Hauptgrund für die Hyperinflation 1923 war der Erste Weltkrieg. Schon um den Krieg finanzieren zu können, musste das Deutsche Kaiserreich auf Kredite und Anleihen zurückgreifen. Aufgrund der hohen Kriegsausgaben und der sich nach dem Krieg ergebenden Kosten (u.a. Reparationsforderungen aus dem Versailler Vertrag 1919 und die Fürsorge der Kriegsopfer und Hinterbliebenen) musste sich die neu gegründete Weimarer Republik noch weiter verschulden. Um diese Schulden abbezahlen zu können, wurde immer mehr Geld gedruckt. Eine immer größere Menge an Geldmittel führte jedoch gleichzeitig zur Entwertung des Geldes. Der Fortschritt der Inflation war dabei so schnell, dass Reserven und Ersparnisse sowie Arbeitslohn der Bürger:innen kaum einen Wert hatten. Als letzter Auslöser gilt die Ruhrbesetzung – von der Westfalen direkt betroffen war –, als die Weimarer Republik zur Finanzierung passiven Widerstands noch einmal Unmengen Geld druckte.
Anfang 1923 – und damit in der beginnenden Hoch-Inflation – gab es neben den vom Staat ausgegebenen Scheinen mit Nennwerten von anfangs 5.000 Mark bald auch Notgeldscheine und Münzen mit dem Wert von mehreren Milliarden Mark, die auch von der Landesbank in Münster ausgegeben wurden und zusätzlich den Geldbedarf decken sollten. Der Wertmesser des Geldes in der Welt war der US-amerikanische Dollar. Stand der Wert einer Papiermark im Januar 1923 im Verhältnis 1:18.000, so sank er bis September auf 1:100 Millionen und bis zum November auf 1:4,2 Billionen. Erst eine Währungsreform 1923 über die Rentenmark (wobei eine Billion Papiermark einer Rentenmark entsprachen) und 1924 über die Reichsmark konnte im Jahr 1924 die Hyperinflation beenden.
Die vorliegende Münze ist 1923 in Münster geprägt worden. Der Durchmesser der Münze beträgt 44mm und hat die Umschrift „Notgeld der Provinz Westfalen“. Der Avers, also die Vorderseite, zeigt das Westfalenross, das Wappentier von Westfalen. Auf dem Revers, also der Rückseite, befindet sich eine Prägung von Karl Freiherr vom und zum Stein (1757–1831), der sich als Reformer des Staatswesens und für die Menschen in der Landwirtschaft einsetzte. Zusätzlich ist dort der Schriftzug „Deutschlands Führer in schwerer Zeit“ zu finden. Zum Zeitpunkt der Prägung hatte diese Münze einen Wert von 50 Millionen Mark.
Relevanz des Materials
Mit Blick auf die Hyperinflation birgt die Münze großes Lernpotenzial. Zunächst kann die geprägte Münze mit der Gestaltung von Banknoten (Scheinen) verglichen und anschließend hinterfragt werden, warum man sich in diesem Fall für das vermutliche kostenintensivere Prägen von Münzen gegenüber dem Druck von Banknoten entschieden hat. Inhaltlich kann untersucht werden, welche Absicht hinter der Darstellung von Karl Freiherr vom und zum Stein steht. Somit kann die Bedeutung skizziert werden, die er auch knapp 100 Jahre nach seinem Tod noch für Westfalen hatte.
Gleichzeitig ist auch der Wert der Münze interessant, da die für heutige Verhältnisse ungewöhnlich hohe Summe von 50 Millionen in starkem Kontrast zu den heute gängigen Münzen niedriger Beträge steht. Dies könnte bei genauerer Betrachtung Irritationen auslösen und Ausgangspunkt der Auseinandersetzung mit der Inflation von 1923 sein.
Dr. Hendrik Martin Lange / Andrea Lorenz
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