Fahne der Gronauer Kolonialpfadfinder
Sachquelle
Gronau 1926-1933

Kurze Erläuterung

Die Geschichte der deutschen Kolonialherrschaften in Afrika ist so kurz wie folgenschwer, obwohl sie lediglich von den 1880er Jahren bis ins Jahr 1919 reichte. Mit Togo und Kamerun wurden die ersten Kolonialbesitzungen in Afrika im Jahre 1884 akquiriert, weitere folgten in den kommenden Jahren. Dabei bestand im Deutschen Reich kein wirklicher Konsens über die den Kolonien zugedachte Bedeutung. Für die Politik sollten sie in erster Linie dem Schutze der wirtschaftlichen Interessen in den jeweiligen Regionen dienen, anderen Vereinigungen, wie etwa die Deutschen Kolonialgesellschaft, strebten danach, sie auch in das eigentliche deutsche Machtgebiet zu integrieren und im herkömmlichen Sinne zu kolonisieren, also zu besiedeln. Obwohl man mit äußerster Brutalität die Kontrolle in den Überseegebieten zu erlangen trachtete – man denke nur an den Völkermord an den Herero und Nama oder die blutige Niederschlagung des Maji-Maji-Aufstandes -, wurde keines der beiden Ziele wirklich erreicht. Bis zur erzwungenen Abtretung sämtlicher kolonialen Besitztümer durch den Versailler Vertrag im Jahre 1920 konnten die Kolonien für das Deutsche Reich keine größere wirtschaftliche Bedeutung entwickeln und waren somit reine Prestigebesitzungen für das von Wilhelm II. geforderte wie geförderte Weltmachtsimage geblieben.

Relevanz des Materials

Mit dem Verlust der Überseebesitzungen war das Thema Kolonialismus in Deutschland jedoch noch keinesfalls abgeschlossen. Die hier vorliegende Fahne der Gronauer Ortsgruppe der Kolonialpfadfinder mit ihrem griffigen Motto: „Kehre wieder Afrika“ steht dabei stellvertretend für Bewegungen in den 1920er und frühen 1930er Jahren, die nach einer Wiedererlangung der deutschen Kolonien in Afrika strebten. Der Verband der Kolonialpfadfinder ist das Produkt langfristiger Bemühungen der Deutschen Kolonialgesellschaft und existierte in der Zeit zwischen 1926 und 1933. Durch das Herantreten an die Jugend, der sie die „Faszination Afrika“ nahebrachten, wollten sie das koloniale Bestreben in der neuen Republik erhalten. Der Rahmen der Pfadfinderschaft, welcher auf der Fahne durch die Lilie auf der Rückseite symbolisiert wird, ermöglichte es ihnen darüber hinaus, sie auf spielerische Weise und mit gefördertertem Gemeinschaftsgefühl zu zukünftigen Kolonisten auszubilden. Somit wurde also auch das deutsche Großmachtsstreben konserviert und auf neue Generationen übertragen. Die Bewegung umfasste mehrere Tausend Mitglieder mit Ortsgruppen im gesamten Deutschen Reich sowie in Österreich und wurde 1933 zumindest in Teilen an die HJ angegliedert. Auch die Gronauer Kolonialpfadfinder wurden 1933 aufgelöst, bis dahin tagten sie jedoch im Keller der Viktoriaschule Gronau.

Mario Polzin

Lernort 

Die Geschichte der Grenzstadt Gronau, die kulturhistorischen Beziehungen im Dreiländer-Gebiet und ein ganz besonderes, 140 Millionen Jahre in die Erdgeschichte zurückreichendes Zeitfenster, das sind die wichtigsten Themen im Gronauer Drilandmuseum. Es wurde 1988 in dem verbliebenen Gebäudeteil des alten Gronauer Rathauses eröffnet.
Das Museum ist eine der ältesten Kultureinrichtungen der 1898 gegründeten Stadt Gronau, einzelne Ausstellungsbereiche wurden bereits 1912 in den städtischen Unterlagen aufgeführt. Dazu gehören auch geologische und paläontologische Kostbarkeiten, die seinerzeit und bis heute in der akademischen Fachwelt Aufmerksamkeit und Beachtung fanden. Ein weiterer Ausstellungsschwerpunkt stellt die Geschichte des ehemaligen Gronauer Schlosses dar, an dessen historischem Standort vor kurzem Ausgrabungen interessante Erkenntnisse und Einblicke in die ältere Besidelungsgeschichte Gronaus ergaben.

Drilandmuseum