Kurze Erläuterung

Die hier vorliegende Fotografie zeigt die Altstadt von Hamm auf Höhe des Markzplatzes an der Mündung Widumstraße und stammt wohl aus dem Jahre 1933. Damit ist sie in Zeiten prekärer wirtschaftlicher wie sozialer Verhältnisse entstanden, da im Zuge der Weltwirtschaftskrise die Arbeitslosenzahl von 1,5 Millionen im August 1929 auf ganze 6 Millionen zu Beginn des Jahres 1933 gestiegen war. Viele Menschen hatten ihre Existenzgrundlage völlig verloren und mussten nun um ihr tägliches Überleben kämpfen. Hunger, Kälte und Verzweiflung waren an der Tagesordnung, was letztlich auch die Kriminalitätsrate immens steigen ließ. Darüber hinaus fanden im März des Jahres 1933 erneut Reichstagswahlen statt. Da es sich bei dem Spruchband über der Straße um ein Wahlkampfbanner der NSDAP handelt, ist davon auszugehen, dass das Foto vor den Wahlen und somit noch vor März entstanden ist.

Relevanz des Materials

Anhand des auf dem Foto gezeigten Werbebanners lassen sich nicht nur die erklärten Ziele der NSDAP wiedergeben („Arbeit, Freiheit, Brot und ein Frieden, der der Würde und der Ehre des deutschen Volkes entspricht.“), sondern es können auf ihrer Grundlage auch einige grundlegende Missstände und Ängste in der Gesellschaft der späten Weimarer Republik herausgearbeitet werden. Zentral sind dabei die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise, die sich in Arbeitslosigkeit („Arbeit“), wirtschaftlicher wie sozialer Abhängigkeit („Freiheit“) sowie genereller Armut („Brot“) widerspiegeln, sowie der Versailler Frieden („Frieden“), der in weiten Teilen der Bevölkerung als inakzeptabel und erniedrigend empfunden worden ist. Durch die Ausschmückung der weiteren Straße mit Reichs- statt Republiksfahnen lässt sich das Programm darüber hinaus in das antidemokratische Spektrum einordnen.
Mithilfe des Fotos kann also erarbeitet werden, wie die NSDAP in ihrer Selbstdarstellung die dringendsten Themen der Gesellschaft aufgegriffen und sich wortwörtlich auf die Fahne geschrieben hat. Auf diese Weise kann ein Verständnis dafür vermittelt werden, warum die Partei auch für jene Teile der Bevölkerung attraktiv gewesen sein mochte, die nicht zwingend auch die faschistischen und antisemitischen Teile des Programms unterstützten.

Mario Polzin

Lernort 

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