Werbeanzeige einer Feldbahnfabrik
Bildquelle
Dortmund 1928

Kurze Erläuterung

Eisenbahnen, Straßen und Schifffahrtswege waren wichtige Werkzeuge imperialistischer Nationen, um Kolonien zu erschließen. Besonders Eisenbahnen waren unverzichtbar, um Nachrichten zu den Außenposten der Kolonialverwaltung oder -truppen zu transportieren, die Rohstoffe der Kolonien zu den Überseehäfen und Produkte zu den neu erschlossenen Märkten zu befördern.
Besonders bekannt sind die großen Bahnprojekte wie die Bagdadbahn oder die Usambarabahn in Tansania (früher Deutsch-Ostafrika). Für die Erschließung von Plantagen, Gruben oder kleineren Siedlungen in unwegsamem Gelände waren aber sogenannte Klein- oder Feldbahnen mit kleinen Waggons und einer geringen Spurweite viel geeigneter. Die rheinisch-westfälische Stahlindustrie profitierte als Lieferant von Schienen, Brücken, Waggons und Lokomotiven von diesen Infrastrukturprojekten. „Glässing & Schollwer“ in Schüren (heute Dortmund) produzierten Material für Klein- und Feldbahnen. 1928 warb die Firma in einer Zeitschrift der deutschen Kolonialbewegung. Vielleicht sollten damit die verbliebenen deutschen Siedler:innen in den inzwischen nicht mehr deutschen Kolonien erreicht werden.

Relevanz des Materials

Die Werbeanzeige macht deutlich, dass koloniale Motive und stereotype Darstellungen auch in der Alltagswelt der Weimarer Republik präsent waren. „Glässing & Schollwer“ wollten mit dieser Werbeanzeige Aufmerksamkeit generieren und nutzen dafür die bekannte und zeitgenössisch verständliche Bildersprache eines nur mit Lendenschurz bekleideten Afrikaners, der erschrocken zur Seite springt, als die Eisenbahn auf ihn zukommt. Die Eisenbahn steht in diesem Kontext sinnbildlich für Fortschritt und westliche Zivilisation – typische koloniale (Selbst-)Versprechen. Der der Eisenbahn weichende, stereotypisch dargestellte Mann wird dem gegenüber als Gegensatz von Zivilisiertheit präsentiert. Die Bewegung ist ebenfalls sinnbildlich zu lesen: Die indigenen Bevölkerungen sollen den imperialistischen Expansionsplänen weichen.

Daniel Sobanski / Andrea Lorenz

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