Afrikanerinnen als Verkäuferinnen in einer Kantine
Bildquelle
Minden / Namibia 1906

Kurze Erläuterung

Ende des 19. Jahrhunderts gründeten zunächst private Gesellschaften erste Stützpunkte in verschiedenen afrikanischen Ländern. Die Kolonialgesellschaften schlossen sogenannte „Schutzverträge“ mit einheimischen Eliten (Häuptlingen, Stammesführern) ab. Die lokalen Herrscher konnten kaum absehen, welche Rechte sie den Deutschen damit einräumten. So sicherten sich die Kolonialunternehmer scheinbar legal das Land. Später erteilte das Deutsche Kaiserreich sogenannte „Schutzbriefe“ und nahm die Gebiete damit in Besitz.
Deutsche Soldaten, Verwaltungsbeamte und Siedler:innen beschäftigten Einheimische als Arbeiter:innen auf Plantagen und Feldern, im Haushalt und bei Bauprojekten. Die europäischen Kolonialmächte sahen sich im Recht, die lokale Bevölkerung „zur Arbeit zu erziehen“. Die Ausgestaltung dieser Erziehung war dabei durchaus unterschiedlich: Während Missionar:innen zum Beispiel die Möglichkeit sahen, die Indigenen zu befähigen, – aus westlicher Perspektive – eigenständig ökonomisch relevante Produkte herstellen zu können, verstanden andere Akteur:innen darunter vor allem eine rassistisch begründete Ausbeutung. Erziehung bedeutete aber auch den Einsatz von Methoden wie Prügelstrafen, wobei die Deutschen z.B. die „Kiboko“, eine Peitsche aus Flusspferdleder, verwendeten.
Das Foto stammt aus dem Besitz von August Pieper (1883–1952) aus Minden. Pieper trat 1901 in das Infanterie Regiment Nr. 15 („Prinz Friedrich der Niederlande“) in Minden ein. Er diente 1904–1907 in der kaiserlichen Schutztruppe in Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia),  nahm an der Niederschlagung des Aufstandes der Herero und Nama, dem ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts, teil und kämpfte im Ersten und im Zweiten Weltkrieg. Pieper, der als Unteroffizier vermutlich die Kantine seiner Kaserne leitete, beschäftigte dafür lokale Arbeiterinnen.

Relevanz des Materials

Für das vorliegende Foto ließ Pieper zwei Arbeiterinnen zu Ostern im Jahre 1906 mit einem Schild posieren, auf dem „Frohe Ostern“ steht. Vermutlich wollte er das Bild nach Hause zu schicken und seinen Verwandten und Freund:innen einen Eindruck seiner „exotischen“ Umwelt zu vermitteln. In der Beschreibung des Bildes in seinem Fotoalbum beschreibt Pieper die vermeintliche Zugehörigkeit zu Volksgruppen. Der Begriff „Hottentotin“, der lange als Synonym für „Wilde“ oder Chaos („Wir sind hier nicht bei den Hottentoten!“) galt, ist eine rassistische und abwertende Sammelbezeichnung für verschiedene südafrikanische Völker, darunter die Nama im heutigen Namibia. Der Begriff geht vermutlich auf niederländische Siedler:innen im heutigen Südafrika zurück. Die Fotografie verweist somit auf eine koloniale Praxis, die Menschen aus den lokalen Gruppen zur Unterhaltung und Belustigung zu missbrauchen.

Daniel Sobanski / Andrea Lorenz

Lernort 

Das vergleichsweise junge LWL-Preußenmuseum in Minden arbeitet aktuell an der Eröffnung seiner neuen Dauerausstellung. Darüber hinaus werden schon jetzt wechselnde Ausstellungen gezeigt, aber auch Veranstaltungen und Projekte der Kulturvermittlung angeboten. Die umfangreiche Sammlung des Preußenmuseums besteht vor allem aus Objekten und wird durch eine Bibliothek ergänzt. Aktuell wird auch noch an einem Recherchekonzept gearbeitet.

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