Kurze Erläuterung
Am 1. März 1933 veröffentlichte die Verwaltung der Stadt Herne ihren Verwaltungsbericht für das Jahr 1932-33.
Jede kommunale Behörde muss Verwaltungsberichte verfassen. In der Regel geschieht dies jährlich. Die Stadtverwaltung legt damit Rechenschaft über die geleistete Arbeit ab. Diese Verwaltungsberichte geben einen Überblick über die verschiedenen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Felder des Ortes.
Von September 1925 bis zum Juli 1933 war der parteilose Curt Heinrich Träger der Oberbürgermeister der Stadt Herne. Herne war eine der bedeutendsten Bergbaukommunen des europäischen Kontinents. Durch die Weltwirtschaftskrise kam es zu einer umfassenden Krise. Wie auch die Städte im Ruhrgebiet war Herne stark von der Kohleindustrie abhängig. Da auch dieser Wirtschaftszweig von der Krise betroffen war, fehlten der Stadt wichtige Einnahmen. Der Umschlag an Kohle und anderer Ware hatte einen Tiefpunkt erreicht. Ebenso der Absatz von Gas, Wasser und Strom. Die Massenarbeitslosigkeit führte dazu, dass die Straßenbahnen nicht mehr rentabel waren und der Handel allgemein litt. Die Verwaltung musste sparen und die Vorgaben der Regierung wurden durchaus kritisch gesehen, da sie an die Substanz gehen. Der Bürgermeister scheint zu resignieren. Die Lage ist so schlimm, dass die Schulen vorübergehend geschlossen werden müssen, da die Stadt sie nicht mehr heizen kann.
Relevanz des Materials
In dem Jahresrückblick des Verwaltungsberichtes der Stadt Herne wird die ganze Wucht der Weltwirtschaftskrise sichtbar. Die Ruhrgebietsstadt litt unter einer Massenarbeitslosigkeit und dem Sparzwang. Der Bürgermeister resignierte und sprach davon, dass der Verwaltungsbetrieb unverantwortlich eingeschränkt werden musste. Zur Belastung für die Demokratie trug die Sparpolitik des Reichskanzlers Dr. Heinrich Brüning (1885-1970) von 1930 bis 1932 bei. Der national-konservative Katholik saß für das Zentrum seit 1924 im Reichstag. Nach dem Scheitern der Großen Koalition, beauftragte Reichspräsident Hindenburg Brüning mit der Regierungsbildung. Er bildete das erste sog. Präsidialkabinett, d.h. eine Minderheitsregierung, die auf die Rechte des Reichspräsidenten zurückgreift (Artikel 48). Die parlamentarische Demokratie wurde geschwächt, es war aber verfassungskonform. Mittels Notverordnungen regierte Brüning, bis Hindenburg ihm im Mai 1932 das Vertrauen entzog. Brüning war wegen seiner Sparmaßnahmen zur Bekämpfung der Weltwirtschaftskrise unbeliebt.
Dr. Hendrik Martin Lange
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