Kurze Erläuterung
Nach einer Periode der wirtschaftlichen Entspannung kam es ab 1928 erneut zu einem Dämpfer der Konjunktur. Dieser führte dazu, dass weniger Produkte verkauft werden konnten. Das führte dazu, dass die Produktion branchenübergreifend einbrach und die Zahl der Arbeitslosen stark anstieg. Mit dem Zusammenbruch der New Yorker Börse 1929 kam es dann zu einer weltweiten Wirtschaftskrise. Unter anderem hatte auch die westfälische Textilwirtschaft stark unter ihr zu leiden. Viele Firmen konnten keine Rohstoffe aus Übersee mehr finanzieren und ihre Absatzmärkte brachen weg. Tausende Männer und Frauen verloren ihren Arbeitsplatz. Dies belastete die kommunalen Verwaltungen und Finanzen. Schon 1930 spricht der Verwaltungsbericht der Stadt Gronau davon, dass die Zahl der dauernd Unterstützten in der Armenfürsorge „noch nie diese Höhe erreicht“ hat. Die Zahl der Unterstützten stieg innerhalb eines Jahres von 184 auf 258 Personen. Dabei sollte der Höhepunkt der Wirtschaftskrise erst zwei Jahre später erreicht werden. Schon ab 1927 stieg die Zahl der Arbeitslosen – mit saisonalen Schwankungen – von etwa 1 Mio. auf über 6 Mio. im Jahr 1932 in der gesamten Weimarer Republik an. Die Regierung unter Kanzler Brüning versuchte, die Krise mit einer Spar- und Deflationspolitik einzudämmen, womit sie jedoch scheiterte.
Relevanz des Materials
Das Potenzial des vorliegenden Materials besteht vorrangig hinsichtlich der Auswirkungen der globalen Wirtschaftskrise. Es vermittelt, inwieweit verschiedene Menschen von den Auswirkungen der Wirtschaftskrise betroffen waren. Auf dieser Grundlage kann sich weitergehend mit der Frage der verschiedenen Möglichkeiten hinsichtlich Sozialhilfen beschäftigt werden. So kann nachvollzogen werden, inwieweit Sozialhilfe durchgeführt werden konnte oder beschnitten werden musste, da das Geld knapp wurde und die Hilfen für die Stadt zu teuer wurden. Zudem kann das Material auch dahingehend genutzt werden, zu thematisieren, wie der Abstieg in die Armut aus der freien Wirtschaft funktionieren kann. Da Gronau ein großer Textilindustrieraum in Westfalen war, fielen infolge der Weltwirtschaftskrise gerade in diesem Sektor viele Arbeitnehmer:innen in die Armut. In diesem Zusammenhang können verschiedene Sozialhilfen in der Region Westfalen thematisiert werden.
Dr. Hendrik Martin Lange / Sebastian Sayn / Andrea Lorenz
Das Stadtarchiv Gronau ist besonders für Untersuchungen zur Textilwirtschaft wichtig. Da die Stadt Gronau und ihre Verwaltung auf eine vergleichsweise junge Geschichte zurückblicken, gliedert sich das Archivgut in entsprechend neuzeitliche Schwerpunkte. Die Besucher/innen erwarten Aktenbestände der Verwaltung, die bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zurückreichen; Unterlagen zur Gronauer Textilindustrie, mit deren Anfängen etwa 1850 die Stadtwerdung Gronaus begann; ein Bildarchiv, dessen inhaltliche Schwerpunkte im Bereich der Gronauer Textilindustrie liegen; ein Zeitungsarchiv, welches in erster Linie die Ausgaben der Gronauer Nachrichten/Westfälische Nachrichten ab 1960 (mit Lücken auch ältere Sammlungen) bereithält; eine Bibliothek, deren Bestände weite Teile des publizierten Wissens über die Stadt Gronau, ihre Geschichte und die grenzüberschreitende Region (Dreiländereck) enthält.