Kurze Erläuterung
Diese Darstellung der trauenden Maria mit dem Leichnam Jesu, auch Vesperbild oder Pietà genannt, ist als „Torhaus-Pietà“ bekannt und steht heute im Baumberger Sandsteinmuseum in Havixbeck. Das Vesperbild aus dem 15. Jahrhundert befand sich zuvor in einer Nische des gotischen Torhauses in Havixbeck, das über Jahrhunderte einen der zwei Zugänge zum rundherum bebauten (und damit befestigten) Kirchplatz darstellte. In Kriegszeiten brachte sich die Landbevölkerung auf dem Kirchplatz in Sicherheit, sobald anrückende Soldaten gemeldet wurden. Da sie Ihre beweglichen Besitztümer bei sich hatten, suchten die plündernden Soldaten den Zugang zum Kirchplatz. Bei einem verbürgten Angriff spanischer Soldaten auf Havixbeck im Jahr 1587 sollen dann einige Musketenkugeln das Vesperbild getroffen haben. Das Holzbein der Christus-Figur gibt noch Zeugnis davon. Das hier verwendete fremde Material war nach Abschluss der Restaurierung (wohl im 17. Jahrhundert) nicht mehr zu sehen, denn die Figur wurde erneut komplett farbig gefasst. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Bemalung entfernt, nur einzelne Reste haben sich erhalten.
Relevanz des Materials
In vielen katholischen Kirchen gibt es seit dem 14. Jahrhundert Kunstwerke, die den vom Kreuz abgenommen toten Jesus Christus auf dem Schoß seiner trauernden Mutter Maria darstellen. Diese sogenannte Pietà (lateinisch für Frömmigkeit und Mitleid) nennt man auch Vesperbild (vespera: lateinisch für Abend). Der Name verweist auf das christliche Abendgebet, die Vesper, bei der man der Kreuzabnahme Christi und der Beweinung seines Leichnams gedenkt. Die Pietà zählt zu den bekanntesten ikonographischen Darstellungen im Christentum. Die Torhaus-Pietà verdeutlicht demnach die Präsenz des Glaubens im Alltag der Menschen. Gleichzeitig bilden Kirchen und die sie umgebenden Kirchhöfe häufig die einzige weltliche Sicherheit vor Gefahren, beispielsweise plündernde Soldaten.
Dr. Hendrik Martin Lange
Das Baumberger Sandsteinmuseum in Havixbeck stellt Geräte, Werkzeuge, typische Sandsteinprodukte und historische Steinskulpturen aus. Zudem wird der Arbeitsalltag der Steinmetze im Mittelalter gezeigt. Die Dauerausstellung ist in einem ehemaligen Bauernhof, der heute unter Denkmalschutz steht, eingerichtet. Besucher erfahren alles über die Geschichte und die Verarbeitung des in der Nähe abgebauten Materials.