Postkarte „Flottenverein Ausstellung Dortmund“
Bildquelle
Dortmund ca. 1900

Kurze Erläuterung

Ende des 19. Jahrhunderts stieg das Deutsche Kaiserreich zur größten Wirtschaftsmacht Europas auf. Kaiser und Regierung beanspruchten deshalb für das Reich einen Rang als internationale Großmacht. Um diesem Anspruch in aller Welt Nachdruck zu verleihen, beschloss das Reich, eine Kriegsflotte aufzubauen. Zwischen 1897 und 1900 verabschiedete der Reichstag die sogenannten Flottengesetze, die den Umfang der geplanten Flotte, den Zeitplan zur Fertigstellung usw. festlegten. Innenpolitisch sollte der Flottenbau dem politisch, sozial und konfessionell gespaltenen Land ein gemeinsames, nationales Projekt geben. Durch Publikationen und Ausstellungen wurde das Projekt bekannt gemacht. Es wurde z.B. Mode, dass Kinder Matrosenanzüge trugen. Auch die Wirtschaft sollte von den Aufträgen der Kaiserlichen Marine profitieren. Die Arbeit des Flottenvereins war sehr erfolgreich und die Begeisterung für die Flotte erfasste das gesamte Kaiserreich.
Das Britische Empire, die größte Seemacht der Welt, sah sich durch die deutsche Aufrüstung bedroht und in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt – Schiffe, die den Ärmelkanal gegen deutsche Schiffe sichern mussten, konnten nicht in den britischen Kolonien in Indien oder Afrika eingesetzt werden. Ein Wettrüsten begann. Die deutsch-britische Rivalität war eine Ursache des Ersten Weltkriegs.

Relevanz des Materials

Der Deutsche Flottenverein war eine Propagandaorganisation des Reichsmarineamtes, bestehend aus Industriellen, Politikern und PR-Experten. Der Verein sollte in der Bevölkerung Begeisterung für den Plan zum Aufbau einer Kriegsflotte wecken. Dazu gab der Verein Postkarten und Flugschriften heraus, organisierte Vorträge und Ausstellungen – wie die im Rahmen der Postkarte angekündigte Ausstellung 1900 in Dortmund. Dortmund war ein besonders passender Ort für eine Marineausstellung. Erst im Jahr zuvor hatte Kaiser Wilhelm II. persönlich den Dortmunder Hafen und den Dortmund-Ems-Kanal eröffnet. Auch bei dieser Gelegenheit hatte Wilhelm II. nicht mit Werbung für die Kriegsflotte gespart. Die enge Verbindung mit dem kaiserlichen Staat wird auch in der Postkarte mit dem großflächigen Druck des einköpfigen Adlers deutlich. Dieser steht symbolisch für das Deutsche Kaiserreich.
Die vorliegende Postkarte kann demnach als lokales Beispiel für eine zunehmende Militarisierung der Gesellschaft analysiert werden. Zugleich lassen sich hieran auch Aspekte (staatlicher) Beeinflussung der Bevölkerung erarbeiten, die für das militärische Projekt des Flottenausbaus gewonnen werden sollte.

Daniel Sobanski

Lernort 

Das LWL-Industriemuseum zeigt an acht authentischen Orten der Arbeit die Geschichte der Industrie in Westfalen-Lippe. Das Schiffshebewerke Henrichenburg ist ein weltweit einzigartiges Industriedenkmal. Das Industriemuseum erzählt vielfältige Geschichten von der revolutionären Technik des Schiffshebewerkes, der Bedeutung der Kanäle für Wirtschaft Westfalens und vom Leben der Binnenschiffer*innen an Bord.

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