Petition des Magistrats Detmold
Textquelle
Detmold 1848

Kurze Erläuterung

Das Fürstenhauses zur Lippe reagierte auf die Märzforderungen in der Petition des Jahres 1848, die vom Magistrat der Stadt Detmold am 7. März 1848 aufgestellt wurden, mit einer weitgehenden Gewährung der Forderungen durch das Patent vom Folgetag. Die Forderungen des Magistrates sind durch die gewählte Form und die Wahl der rhetorischen Mittel nicht dazu gedacht gewesen, eine Gewaltenteilung zu erreichen und die bestehende Staatsform in Frage zu stellen. Die Herrschaft blieb in der Hand des Fürstenhauses. Die Forderungen nach Pressefreiheit, öffentlichen Verhandlungen der Landstände als Vertreter der Bevölkerung und einem allgemeinen und gleichen Wahlrecht, einer Steuerrechtsreform, einer Justiz- und Militärreform sowie dem Beitrag der Obrigkeit zur Einrichtung eines gesamtdeutschen Parlamentes sind dennoch ein komplexes Geflecht an damals revolutionären Neuerungen. In den Märztagen kam es im Land immer wieder zu revolutionären Demonstrationen und Aktionen, die durchaus bedrohlichen Charakter annahmen.
Innerhalb der Landtagsverhandlungen verzögerte sich die Verabschiedung eines Wahlgesetzes bis Dezember 1848. Schließlich erhielten alle männlichen Bürger das allgemeine und gleiche Wahlrecht und ein passives Wahlrecht erst ab 30 Jahren, was einige jüngere Akteure der Revolution von der Wählbarkeit ausschloss. Die unmittelbar garantierte Pressefreiheit brachte mehrere Zeitungen hervor, in einer Bandbreite von monarchisch bis republikanisch. Reaktionäre Kräfte blieben dennoch stark, was sich 1849 am Verbot eines Presseartikels der Wage durch die Zensur zeigte, dessen Verfasser sich durch Flucht nach Nordamerika einer Verhaftung entziehen konnte.
Im Mai, bei den Wahlen zur Nationalversammlung, entsandte Lippe den gemäßigten Gymnasialdirektor Schierenberg nach Frankfurt. Die Wahlen zur Volkskammer konnten im April 1849 stattfinden; so trat am 11. Juni zum ersten Mal ein nach allgemeinem, direktem und gleichem Wahlrecht gewählter lippischer Landtag zusammen. Da inzwischen die revolutionären Kräfte in Deutschland besiegt waren, lehnte Leopold II. das verabschiedete Staatsgrundgesetz ab. 1853 setzte Leopold III. die Verfassung von 1836 wieder in Kraft. Nachdem sich die Reaktion im Deutschen Bund durchgesetzt hatte und die Grundrechte aufgehoben werden sollten, vermerkte er, dass diese als „etwas Überlebtes“ anzusehen seien.

Relevanz des Materials

Das Material ist geeignet, im Vergleich mit der gesamtdeutschen Geschichte oder der anderer deutschen Regionen Fragen zur Revolution von 1848 zu formulieren. Die Frage nach deren Scheitern – und aus welchen Gründen – im Vergleich mit der gesamtdeutschen Entwicklung lässt sich auf regionaler Ebene in Auseinandersetzung mit den Akteuren erarbeiten. Auch der Bedeutung von nach und nach umgesetzten Forderungen der Bevölkerung in folgenden Verfassungen innerhalb der deutschen und lippischen Geschichte lässt sich nachgehen. Die Fragestellung kann außerdem in einen europäischen, westlichen und menschheitsgeschichtlichen Kontext gestellt werden. Aktuelle Anknüpfungen sind möglich.
Zusätzliche Regierungsakten aus den Beständen des Archives lassen staatliches Handeln nachvollziehen. Die Revolutionszeitungen und die Gesetzessammlungen sowie Protokolle der Landtagsverhandlungen können für ein vollständigeres Bild herangezogen werden. Weitere Quellen als Tagebucheinträge erlauben die Atmosphäre der Zeit, das Wechselspiel moderner Staatsvorstellungen, Tradition und Vorstellungen von Gottesgnadentum und Standesdenken nachzuvollziehen. Streben nach Teilhabe, Machtstreben und Machterhalt können thematisiert werden. Eine sprachliche Herangehensweise an offizielle Texte der Zeit gibt Einblicke in Konventionen des Denkens, des Ausdrucks und deren Zusammenhang mit gesellschaftlichen und politischen Bedingtheiten.

Heike Fiedler

Lernort 

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