Kurze Erläuterung
Als im Februar 1848 der französische König Louis-Philippe gestürzt und die Republik ausgerufen wurde, brachen auch in verschiedenen Deutschen Staaten Unruhen aus. In Westfalen begann die Revolution mit Protesten der Industrie- und Bergarbeiterschaft sowie Aufständen in den ländlichen Gegenden Südwestfalens. Auch wenn die Leibeigenschaft in Preußen bereits abgeschafft war, war die Bauernschaft immer noch rechtlich von ihren Grundherren abhängig und verpflichtet, Abgaben zu leisten. In verschiedenen Orten Westfalens protestierten im März 1848 Menschen aus der Landwirtschaft gegen ihre Grundherren, forderten mehr Rechte oder die Wiederherstellung alter Rechte. Dabei ging es vor allem um die Nutzung von Wäldern oder die Abgaben an den Grundherren.
Die Demonstrierenden zogen vor die Wohnsitze der adeligen Grundherren oder ihrer Verwalter. Sie drohten an manchen Orten, die Herren zu lynchen oder vertrieben sie mit Gewalt. In manchen Fällen machten die Grundherren Zugeständnisse, in anderen Fällen beruhigte sich die Lage erst, als Militär und Bürgerwehren eingesetzt wurden.
Die einzige überlieferte Abbildung eines ländlichen Aufstandes ist eine Karikatur, die sich auf Unruhen im Hickengrund im Siegerland bezieht. Der Aufstand soll dadurch ausgelöst worden sein, dass der Amtmann „einer der Dorfschönen zu nahe getreten“ sei. Das Bild zeigt eine Menge mit landwirtschaftlichen Geräten bewaffnete Bauern, die Obrigkeiten (Amtmann und Polizist) gegenüberstehen und fordern: „Wir wollen ihn (den Amtmann) nicht mehr haben. Wir können ihn nicht mehr brauchen. Er muss weg.“
Relevanz des Materials
Anhand der Karikatur lässt sich das Verhältnis der Landbevölkerung zu den Grundherren erarbeiten. Mithilfe einer Bildbeschreibung lassen sich hier zwei konträre Gruppen erkennen. Die Gruppe rechts soll die Obrigkeiten darstellen (u.a. den Polizisten und den Amtmann). Die linke Gruppe stellt die Bauernschaft dar, die durch die dargestellten Bewegungen und die Bewaffnung mit landwirtschaftlichem Gerät deutlich aktiver wirken. Die Bildunterschrift unterstützt die Aussage der Zeichnung, dass sich hier die Landbevölkerung wehrt und mehr Rechte einfordert. Interessant ist hier aber auch die mögliche Zielgruppe: Die Landbevölkerung war zu der Entstehungszeit der Karikatur weitgehend noch nicht alphabetisiert, die Zeichnung richtet sich daher eher an Mitglieder der Obrigkeit. Die Bauernschaft wird somit als Gefahr dargestellt, der man, wie die rechte Gruppe der Karikatur, machtlos ausgeliefert ist.
Daniel Sobanski
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