Aufruf „An das Volk“
Textquelle
Rheda/Hamm/Bielefeld am 02.04.1848

Kurze Erläuterung

Als im Februar 1848 der französische König Louis-Philippe gestürzt und die Republik ausgerufen wurde, brachen auch in verschiedenen Deutschen Staaten Unruhen aus. In Wien und Berlin starben mehrere Hundert Demonstrierende bei Zusammenstößen mit dem Militär.
Aus den Aufständen ging eine politische Bewegung hervor. Schon am 5. März 1848 wurde ein Vorparlament nach Frankfurt am Main einberufen. Das Vorparlament beschloss die Wahl einer Nationalversammlung. Der Bundestag (die bisherige Versammlung der Staaten des Deutschen Bundes) akzeptierte diese Entscheidung und überließ den Einzelstaaten die Organisation der Wahl. Im Vorfeld der Abstimmung veröffentlichten die verschiedenen politischen Gruppierungen ihre Ziele. Aus diesen Gruppen entwickelten sich die im Laufe der Revolution die ersten Parteien. Die Liberalen spalteten sich in Konstitutionelle und Demokraten. Bei den Konservativen verlief die Trennlinie zwischen den Konfessionen. Der Aufruf „An das Volk“ wurde von demokratischen Politikern aus Rheda, Hamm und Bielefeld veröffentlicht. Darin forderten sie unbeschränkte Freiheitsrechte sowie umfangreiche politische und soziale Reformen. Die Unterzeichner gehörten zum linken Flügel der demokratischen Bewegung. Schon in den Jahren vor der Revolution gehörten sie zu intellektuellen Kreisen, die radikale Ideen und die Schriften von Karl Marx und anderen Sozialisten diskutierten. Besonders Rudolph Rempel aus Bielefeld war durch seine journalistische Tätigkeit als radikaler Demokrat berühmt und berüchtigt und gehörte zum Kreis der Politiker, die den Aufruf veröffentlichten.

Relevanz des Materials

Aus dem Aufruf lassen sich die zentralen Forderungen der Revolution von 1848 herausarbeiten. Die westfälischen Politiker fordern hier einen demokratischen Staat („die Herrschaft des Volkes“) mit einem allgemeinen Wahlrecht unabhängig des Berufs oder des Standes. Gleichzeitig fordern sie neue Freiheiten für die Presse und eine neue Versammlungsfreiheit. Interessant ist hier auch die Forderungen nach einem eigenen „Ministerium für die Arbeiter“ und der explizite Fokus auf die Arbeiterschaft, die sich sicherlich auf die linken und sozialistischen Überlegungen von Marx zurückführen lassen. Auch die Forderung nach Kreis- und Kommunalordnungen sticht heraus, da sie keine der zentralen und bekannten Forderungen war, sondern es sich um eine der regionalen Erweiterungen handelt.

Daniel Sobanski

Lernort 

Stadtarchiv und landesgeschichtliche Bibliothek Bielefeld sind ein städtisches Amt, das alle Bereiche schriftlicher, historischer Überlieferung vereint. Neben der kommunalen Überlieferung, die bis in die frühe Neuzeit zurückreicht, werden Unterlagen und Bücher des Historischen Vereins Ravensberg und anderer regionalhistorischer Akteure bewahrt und zugänglich gemacht. Veranstaltungs- und Tagungsräume bieten Platz für ein umfassendes Programm zur Stadt- und Regionalgeschichte, das vom Vortrag über den Schülerworkshop bis zum Filmabend reicht.

Stadtarchiv und landesgeschichtliche Bibliothek Bielefeld