Kurze Erläuterung
Die Mission, also das Bekehren der Menschen im globalen Süden zum Christentum, war eines der zentralen Motive des Kolonialismus. Missionar:innen wurden von Einheimischen häufig als erste Welle der Eroberung betrachtet.
Schon vor der Gründung deutscher „Schutzgebiete“ waren deutsche Geistliche in den Kolonien anderer europäischer Mächte als Missionare tätig. Diese Erfahrungen konnten sie nutzen, um Verhandlungen zwischen Deutschen und einheimischen Eliten zu begleiten. Sie übersetzten nicht nur, sondern beeinflussten die lokalen Eliten soweit, dass sie – zu ihren Ungunsten – die „Schutzverträge“ mit dem Deutschen Kaiserreich annahmen.
Die europäischen Missionar:innen hielten sich häufig für kulturell und auch „rassisch“ überlegen. Darum sahen sie es als ihre Pflicht an, der Lokalbevölkerung christliche Religion und die scheinbar überlegene europäische Kultur näher zu bringen – obgleich einige Missionar:innen die gewalttätigen Praktiken der Kolonialherrscher vor Ort durchaus kritisierten.
Die christliche Mission wurde finanziell auch durch Spenden von Kirchengänger:innen beider Konfessionen finanziert. Diese Spenden wurden in speziellen Spendendosen gesammelt, um die christliche Mission in den Deutschen Kolonien zu finanzieren.
Relevanz des Materials
Mit Spendendosen wie dieser wurden finanzielle Mittel zur Finanzierung christlicher Mission in den Deutschen Kolonien gesammelt. Derartige Dosen wurden über die Existenz des Deutschen Kaiserreichs und den Kolonien hinaus verwendet – teilweise bis in die Gegenwart. Anhand der Darstellung und des Nutzungsmechanismus können koloniale Denkmuster und deren Darstellung auch im Alltag diskutiert werden. So funktionierte diese Spendendose so, dass sich beim Einwurf einer Münze in den Schlitz die dargestellte Person verneigte – dies sollte Demut und Dankbarkeit darstellen. Deshalb wurden solche Spendendosen als „Nickneger“ bezeichnet – ein rassistischer Begriff, der gleichzeitig die rassistische Konzeption dieser Spendendose offenlegt. Diese Darstellung ist geprägt von der Idee, dass die Menschen in den Kolonien den weißen Europäer:innen unterlegen seien und von den „guten“ Christ:innen gerettet werden müssten. Dafür sollten indigene Menschen dankbar und unterwürfig sein. Ihren Ausdruck findet „Dankbarkeit“ und „Demut“ in Form solcher Dosen mit diesem spezifischen Mechanismus und der Bezeichnung.
Daniel Sobanski / Andrea Lorenz
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