Kurze Erläuterung
Nach dem Scheitern des Hitler-Ludendorff-Putsches im November 1923 wurde die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei offiziell verboten. Zwar hatten schon seit 1922 regionale Verbote bestanden, darunter auch in Preußen, doch das am 23. November 1923 erlassene Verbot galt reichsweit und umfasste unter anderem auch ein Verbot der SA, die Schließung aller Parteibüros sowie die Konfiszierung sämtlichen Parteivermögens. Andere Parteigrößen, die anders als Hitler selbst nicht in Haft gerieten, sowie viele andere Parteimitglieder verteilten sich nun auf neugegründete Ersatzorganisationen, wie etwa auf die „Nationalsozialistische Freiheitspartei“ oder die „Großdeutsche Volksgemeinschaft“. Beide Vereinigungen waren jedoch nur kurze Zeit von Bestand, denn schon am 14. Februar 1925 wurde das reichsweite NSDAP-Verbot aufgehoben. Keine zwei Wochen später, am 27. Februar 1925, erfolgte die Neugründung der NSDAP durch den bereits wieder aus der Haft entlassenen Adolf Hitler und somit auch das Ende der Ersatzorganisationen, deren Mitglieder sich größtenteils wieder der NSDAP anschlossen. Die Partei konnte sich nun neu organisieren. Der „Putschismus“, mit dem man im November 1923 gescheitert war, wurde nun zu den Akten gelegt. Stattdessen wollte man die Demokratie nun mit ihren eigenen legalen Mitteln und somit von innen heraus zerstören, nämlich durch den Wahlerfolg.
Relevanz des Materials
Anhand der vorliegenden Fotografien, die aus der Siegerländer National-Zeitung vom 16. Juni 1934 stammen, lässt sich das NSDAP-Verbot von 1924 mitsamt seinen Folgen thematisieren. Das erste Foto, welches Siegerländer Nationalsozialisten auf einer Bezirkstagung 1925 in Siegen zeigt, dass die NSDAP direkt nach ihrer Neugründung in Siegen wieder sehr präsent und organisiert war. Mithilfe des zweiten Fotos, welches SA-Mitglieder aus dem Siegerland im Jahre 1924 zeigt, kann darüber hinaus erarbeitet werden, dass die Nationalsozialisten auch während der Verbotszeit keineswegs aus der Öffentlichkeit verschwunden waren. Denn die SA war zwar mitsamt der NSDAP nach dem gescheiterten Putsch verboten worden, doch hier zeigen sich ihre Mitglieder dennoch uniformiert und mit offen getragener Hakenkreuzbinde. Dabei ist aber vor allem auf den Kontext des Fotos einzugehen: Der „Deutsche Tag“, auf welchem dieses Foto entstanden ist, war eine großangelegte Veranstaltung nationalistischer und nationalsozialistischer Gruppierungen in Siegen und Umgebung, zu welcher Krieger- und Veteranenvereine sowie paramilitärische Organisationen wie eben die SA oder auch der Stahlhelm eingeladen worden waren.
Dass ein solches Zusammentreffen ohne größeren Widerstand stattfinden konnte und die Nationalsozialisten kaum an Präsenz und organisierten Strukturen einbüßen mussten, bietet Anlass zu Diskussionen über die Wirksamkeit von Parteiverboten sowie über die Vehemenz, mit welcher ein solches bekräftigt werden sollte.
Mario Polzin
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