Darstellung eines Regiment-Fahnenträgers mit zerfetzter Fahne
Sachquelle
Westfalen um 1886

Kurze Erläuterung

Mitte des 19. Jahrhunderts bestand Deutschland aus bis zu 41 Einzelstaaten, die lose im Deutschen Bund verbunden waren. In der gescheiterten Revolution 1848/49 zeigte sich der Wunsch nach Einheit und Demokratie. Preußen sicherte jedoch die Monarchie, da der preußische König Friedrich Wilhelm IV. es ablehnte, Oberhaupt eines vereinten demokratischen Staates zu sein. Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck bot der nationalliberalen Bewegung einen Kompromiss, indem er sich das Ziel der deutschen Einheit durch „Eisen und Blut“ auf die Fahnen schrieb. Auch in der deutschen Nationalbewegung glaubten viele, dass eine deutsche Einheit nur durch einen Krieg mit Frankreich erreicht werden konnte.
Mit Frankreich verband Preußen spätestens seit den Koalitionskriegen gegen Napoléon eine große Feindschaft. Mit den österreichischen Habsburgern war Frankreich bereits seit Jahrhunderten verfeindet.
1870 bot die spanische Regierung dem Prinzen Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen die spanische Krone an. Frankreich befürchtete von zwei Seiten in die Zange genommen zu werden und protestierte gegen die Thronkandidatur. Prinz Leopold verzichtete zwar, aber Frankreich verlangte Garantien, die Preußen nicht geben konnte. Daraufhin erklärte Frankreich Preußen den Krieg. Die Vorentscheidung fiel schon durch den deutschen Sieg in der Schlacht von Sedan am 02. September 1870, bei welcher der französische Kaiser Napoléon III. gefangen genommen wurde. Noch während des Krieges verhandelte Bismarck mit den süddeutschen Staaten. Diese traten dem Norddeutschen Bund bei. Mit dem 01. Januar 1871 trat eine neue Verfassung in Kraft. Damit war das Deutsche Reich gegründet.

Relevanz des Materials

Die bronzene Statuette erhielt Major Beckhaus zu seinem Abschied von seinen Offizierskollegen aus dem Infanterie Regiment „Prinz Friedrich Der Niederlande“ (2. Westfälisches) Nr. 15, Minden. Sie erinnert an den Einsatz des Regiments im Krieg 1870/71. Ursprünglich war die Statuette Teil eines Tafelaufsatzes, welches wiederum zu einem Prunkgeschirr gehört hat; einer herrschaftlichen Tischdekoration. Dieses Prunkgeschirr hat Prinz Friedrich der Niederlande zum 60. Dienstjubiläum als Chef des Regiments im Jahre 1876 vom Offizierkorps des Regiments geschenkt bekommen. „Regiments-Chef“ bezeichnet eine Ehrenstellung im Rang eines Oberst ohne unmittelbare Kommandogewalt. 1881 schenkte der Schwiegersohn des Prinzen nach dessen Tod den Aufsatz zurück an das Offizierkorps. Der Fahnenträger diente jedoch nur von 1885–1908 als Geschenkobjekt. Er wurde anschließend von einem Reiter aus der Schlacht von Waterloo abgelöst.
Fahnen waren im 19. Jahrhundert ein wichtiges Symbol der Regimenter und wurden bei jedem Einsatz der Truppe vorangetragen. Sie waren somit in allen Wetterlagen Aushängeschild der Regimenter und am Ende des 19. Jahrhunderts nach zahlreichen Einsätzen in den Kriegen häufig stark abgenutzt. Wilhelm II. stiftete daher während seiner Amtszeit zahlreiche neue Fahnen. Die zerfetzte Fahne kann also als Besinnung auf die gemeinsame Kampfzeit gedeutet werden.

Daniel Sobanski / Theresa Hiller

Lernort 

Das vergleichsweise junge LWL-Preußenmuseum in Minden arbeitet aktuell an der Eröffnung seiner neuen Dauerausstellung. Darüber hinaus werden schon jetzt wechselnde Ausstellungen gezeigt, aber auch Veranstaltungen und Projekte der Kulturvermittlung angeboten. Die umfangreiche Sammlung des Preußenmuseums besteht vor allem aus Objekten und wird durch eine Bibliothek ergänzt. Aktuell wird auch noch an einem Recherchekonzept gearbeitet.

LWL-Preußenmuseum Minden