Bronzeamphore
Sachquelle
Gevelinghausen/Herne 900-800 v. Chr.

Kurze Erläuterung

Die als „Urne von Gevelinghausen“ bekannte Bronzeamphore stammt aus dem 9. oder 8. Jahrhundert v. Chr. Sie ist aus vier einzelnen Bronzeblechen zusammengefügt. Die Verzierungen des Gefäßes sind sehr kunstvoll ausgeführt und bestehen aus über 10.500 einzelnen Punzeindrücken, die mithilfe von Linien und Kreisen abstrakte bildliche Darstellungen bilden. Das macht die Bronzeamphore zu einem seltenen Zeugnis bronzezeitlicher Handwerkskunst Denn aus dieser Zeit sind nur wenige bildliche Darstellungen bekannt. Eine weitere Besonderheit war die Fundsituation, die zum Spitznamen der Amphore führte: In dem Gefäß war die Brandbestattung eines ca. 20- bis 40-jährigen Mannes, zusammen mit zwei verzierten Knochenplättchen deponiert. Diese endgültige Nutzung als Urne erhielt die Bronzeamphore nach mindestens 100 Jahren aktiver Nutzung in verschiedenen Kontexten. Da solche Bronzegefäße vor allem aus dem heutigen Italien bekannt sind, ist die Herkunft im südlichen Europa anzunehmen.

Relevanz des Materials

Es gibt nur sehr wenige bildliche Darstellungen in Westfalen, die 2.900 Jahre vor unserer Lebenszeit entstanden. Daher ist diese Urne eines der wenigen Objekte, die heute einen Hinweis auf die Vorstellungen der Menschen in der Bronzezeit geben. Durch eine genaue Beschreibung der Gestaltung der Amphore wird deutlich, dass es sich bei den Verzierungen um Vogelköpfe (Punktlinien) und die Sonne (konzentrische Kreise darüber) handeln könnte: Die Amphore könnte somit Ausdruck der religiösen Verehrung einer Tier- und/oder Sonnengottheit (vergleichbar der ägyptischen Mythologie) sein. Anhand der „Urne von Gevelinghausen“ lassen sich außerdem die weitreichenden Handelsnetzwerke dieser Zeit untersuchen. Diese Amphore wurde in Westfalen gefunden, ähnliche Stücke in Norditalien, weshalb anzunehmen ist, dass dieses Exemplar den Weg über die Alpen bis nach Westfalen gefunden hat. Mutmaßlich war die Amphore daher sehr wertvoll, was auch ihre Verwendung als Urne erklären könnte: Der Besitzer wurde möglicherweise mit bzw. in seiner wertvollsten Habe bestattet. War er selbst im Handel tätig? Diese Frage lässt sich nicht abschließend beantworten, liegt aber nahe. Die Verwendung über 100 Jahre hinweg zeigt neben dem hohen Wert des Gefäßes den notwendigerweise nachhaltigen Umgang mit Ressourcen in dieser Zeit.

Markus Albuschat

Lernort 

Das LWL-Museum für Archäologie und Kultur – Westfälisches Landesmuseum in Herne ist das zentrale „Schaufenster“ der LWL-Archäologie für Westfalen. Dort wird die Geschichte Westfalens entlang materieller Funde von den ersten Spuren menschlicher Aktivität bis zur jüngeren Vergangenheit erzählt. Die Funde und Befunde aus Westfalen werden dabei immer auch in größeren Kontexten verortet und mithilfe von nicht archäologischen Quellen und ausgefeilten analogen wie digitalen Darstellungsformen ergänzt.

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