Kurze Erläuterung

Offen zur Schau getragener Antisemitismus ist keine Erfindung des Nationalsozialismus. Vorurteile und Anfeindungen gegenüber jüdischen Mitmenschen bestanden bereits seit Jahrhunderten und waren auch im Deutschen Kaiserreich sowie in der Weimarer Republik noch durchaus salonfähig. So wurden antisemitische Schriften mitunter unverhohlen publiziert und auf offener Straße verteilt. Diese zielten sowohl auf vermeintliche jüdische Verschwörungen als auch auf jüdische Gemeinden oder sogar Individuen ab. Die Nationalsozialisten konnten sich also in ihrem menschenverachtenden Vorgehen bereits bestehender Ressentiments habhaft machen und diese für ihre Zwecke instrumentalisieren.

Relevanz des Materials

Ein solches Beispiel findet sich in Form des hier vorliegenden Flugblattes des Detmolder Schriftstellers Friedrich Fischer von 1920. Es enthält zahlreiche Elemente der zeitgenössischen Judenfeindlichkeit, vom Herbeireden zahlreicher jüdischer Verschwörungen bis hin zur Verleumdung einer bestimmten, auch ohne Namensnennung eindeutig zu identifizierenden Person. Denn bei dem im Flugblatt erwähnten jüdische Lehrer handelt es sich um Moritz Rülf, der sich nach seiner Anstellung im Jahre 1919 zahlreichen antisemitischen Kampagnen ausgesetzt sah, die sowohl von Bürgern der Stadt als auch dem Lippischen Lehrerverein und der Landeskirche ausgingen. Rülf wurde 1942 nach Theresienstadt deportiert. Anschließend ist seine Person in den Akten nicht mehr zu fassen.
Der Autor des Flugblattes hingegen, Friedrich Fischer, welcher oftmals mit seinem selbstgewählten Namenszusatz als „Friedrich Fischer-Friesenhausen“ geführt wird und sich hier unter dem Pseudonym „Germanikus“ betätigte, konnte sich trotz der Verurteilung zu geringfügigen Geldstrafen aufgrund seiner Agitation durch den Aufstieg der NSDAP bestätigt sehen und als Parteimitglied seine Tätigkeiten fortsetzen. Er starb 1960 im niedersächsischen Soltau und wurde noch in den 80er Jahren in der Lippischen Landes-Zeitung für seine Werke ausdrücklich gelobt.

Mario Polzin

Lernort 

Das Stadtarchiv Detmold erfüllt eine gesetzliche Aufgabe. Es ist das „Gedächtnis der Stadt“. Hier werden Unterlagen aus der Stadtverwaltung Detmold, aus den ehemals selbstständigen Gemeinden, von bürgerschaftlichen Vereinigungen, Firmen und Privatpersonen verwahrt. Das Stadtarchiv Detmold arbeitet eng mit dem Landesarchiv Nordrhein-Westfalen und dem Kreisarchiv Lippe zusammen. Es ist in den Räumen des Landesarchivs NRW, Abteilung OWL, untergebracht. Gemeinsam bieten die drei Institutionen Informationen zur Stadt Detmold, zum ehemaligen Land Lippe und zum Regierungsbezirk Detmold.

Stadtarchiv Detmold