Steinaxt
Sachquelle
Werl 2800-1800 v. Chr.

Kurze Erläuterung

Auf den ersten Blick fällt der Clou dieses Axtkopfes gar nicht auf, so perfekt ist die Täuschung. Aber bei genauerem Hinsehen  fällt auf: Die Axt ist aus Stein, nicht aus Metall – die Gussnaht auf der Oberseite hat keine Funktion und ist eine Imitation. Solche Nähte entstehen bei Metallobjekten, die in einer Gussform bestehend aus mehreren Teilen angefertigt werden. Steinäxte werden aber an einem Stück aus einem größeren Gesteinsbrocken herausgearbeitet. Warum also der Aufwand den Stein extra so zu bearbeiten, dass er wie ein aus Metall gegossener Axtkopf aussieht? Diese Steinaxt wurde in Werl gefunden und ist datiert auf eine Entstehungszeit zwischen 2.800 und 1.800 v. Chr.. Damit fällt sie in ein Zeitfenster, in dem Metalle wie Kupfer und zunehmend auch Bronze für die Herstellung von Werkzeugen eingesetzt wurden. Die Seltenheit der Metalle machte diese Werkzeuge jedoch zu wertvollen Gegenständen. Das lässt sich auch an dieser Steinaxt ablesen. Mutmaßlich erhielt sie ihre „Gussnaht“, damit sie optisch wie die höherwertigen Metalläxte aussieht.

Relevanz des Materials

An dem Axtkopf kann der Zugang zu Rohstoffen und deren Nutzung genauer untersucht werden. Obwohl die Menschen in Westfalen auch über Metalläxte verfügen konnten, zeigt der Axtkopf mit der vorgetäuschten Gussnaht, dass der Zugriff auf Metalle und damit das Wissen um ihre Verarbeitung begrenzt war. Dennoch scheint es wichtig gewesen zu sein, dass der Axtkopf eine bestimmte Optik erhält, um ihn vermutlich hochwertig und nicht veraltet wirken zu lassen. Das zeigt, dass auch in der „Bronzezeit“ nicht alle Werkzeuge aus dem namensgebenden Material waren, sondern lange Übergangsphasen bestanden, in denen etablierte Materialien und Techniken weiterverwendet wurden. Zugleich ist die Steinaxt ein indirekter Hinweis auf europäische Handelsverbindungen:  Den westfälischen Produzent:innen war das Aussehen von Kupfer- und Bronzeäxten offenbar bekannt, obwohl solche Metallwerkzeuge aufgrund mangelnder Rohstoffquellen nicht in Westfalen hergestellt wurden.

Markus Albuschat

Lernort 

Das LWL-Museum für Archäologie und Kultur – Westfälisches Landesmuseum in Herne ist das zentrale „Schaufenster“ der LWL-Archäologie für Westfalen. Dort wird die Geschichte Westfalens entlang materieller Funde von den ersten Spuren menschlicher Aktivität bis zur jüngeren Vergangenheit erzählt. Die Funde und Befunde aus Westfalen werden dabei immer auch in größeren Kontexten verortet und mithilfe von nicht archäologischen Quellen und ausgefeilten analogen wie digitalen Darstellungsformen ergänzt.

LWL-Museum für Archäologie und Kultur – Westfälisches Landesmuseum in Herne