Edikt über die Gültigkeit von Ehen
Textquelle
Westfalen 1816

Kurze Erläuterung

Durch die Verhandlungsergebnisse des Wiener Kongress wuchs das Königreich Preußen deutlich und erhielt beispielsweise im Westen die neuen Provinzen Rheinland und Westfalen. Die „Inbesitznahme“ und Eingliederung wurde nicht nur dadurch erschwert, dass diese – im Gegensatz zu anderen territorialen Zugewinnen – geografisch vom preußischen Kernland getrennt waren und in großen Teilen katholisch geprägt waren. Hinzu kam die bewegte Vergangenheit der neuen Territorien, die „vor Napoleon“ ein Flickenteppich verschiedenster Herrschaften waren und entsprechend über eine Vielzahl unterschiedlicher Maße, Gewichte und Münzen verfügten. Im Jahr 1816 werden diese auf die preußischen Standards vereinheitlicht bzw. Übergangsregelungen erlassen.
Eine ganz andere, für das praktische Leben allerdings mindestens ebenso wichtige, Übergangsregelung ergab sich aus der Tatsache, dass der größte Teil der neuen Provinzen in den Jahren zuvor zu einem der französischen Satellitenstaaten gehört hatten, in denen französische Gesetzte, wie zum Beispiel die Zivilehe galten. Die preußische Gesetzgebung akzeptierte die meisten Eheschließungen dieser Zeit – sowohl die „französisch“ geschlossenen, als auch die rein kirchlichen.

Relevanz des Materials

Die Quelle(n) zeigen, welche Bereiche bereits in der frühen Neuzeit staatlicher Regulierung unterlagen – und welche Folgen sich dadurch aus der „Kleinstaaterei“ ergaben. Die Regelungen bezüglich der Eheschließungen können einerseits dazu dienen, das Thema Code Napoleon und Zivilehe (wieder) aufzugreifen, zeigen andererseits die Herausforderungen, vor denen Preußen bei der Übernahme ehemaliger „Rheinbund“-Territorien stand. Alles andere als eine pragmatisch-großzügige Handhabung der Ehestandsregeln hätte ein massives gesellschaftliches Chaos nach sich gezogen. Abgesehen von der machtpolitischen Komponente kann an diesem Beispiel die bis ins 20. Jahrhundert stets auch moralisch beeinflusste Regulierung von Ehe- und Kindschaftsrecht diskutiert werden.

Dr. Franz Jungbluth

Lernort 

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