Stolpersteine und „Die Dabeigewesenen“
Sachquelle
Gelsenkirchen seit 1992

Kurze Erläuterung

Seit 1992 verlegt der Künstler Gunter Demnig seine Stolpersteine. Begonnen als illegale „Guerillakunst“ in Köln und Berlin sind die Stolpersteine mittlerweile zum größten europäischen Erinnerungsprojekt an die Opfer des Nationalsozialismus geworden. Fast 90.000 Steine in ganz Europa erinnern an die Schicksale von während der NS-Zeit Verfolgten und Ermordeten – überwiegend jüdische Menschen, Euthanasieopfer sowie Sinti und Roma, an einigen Orten aber auch Oppositionelle oder Homosexuelle.
Die Stolpersteine werden üblicherweise am letzten freiwillig gewählten Wohn- oder Arbeitsort der Menschen verlegt, um zu zeigen, dass die NS-Opfer bis zu Beginn der Verfolgungen und Deportationen „mitten unter uns“ lebten. Ähnlich wie bei einem Grabstein, den die Stolpersteine für viele Opfer ersetzen, werden Name, Geburts- und Todesjahr angegeben, wenn bekannt noch verschiedene Stationen der Deportationsgeschichte.
Das in Hamburg initiierte Projekt „Die Dabeigewesenen“ zeigt analog, dass auch Täter:innen, Mitläufer:innen und Menschen, die von Deportationen und Verfolgungen direkt profitierten aus der Mitte der Gesellschaft kamen, indem sie eine Datenbank solcher „Dabeigewesener“ in einer Handy-App mit Stadtplänen kombiniert. Eine solche Datenbank entsteht derzeit auch bei der Gelsenkirchener Initiative „Gelsenzentrum“, von der die Collage als zweites Material stammt.

Relevanz des Materials

Anhand der Geschwister Zorek lässt sich zeigen, welche Geschichten sich hinter einzelnen Steinen verbergen. Vor allem sollen die Bilder jedoch eine Annäherung an die eigene Stadt ermöglichen, da viele SuS Stolpersteine bereits gesehen haben dürften, auch ohne sie bewusst zu kennen. Über den Stolpersteinguide oder die App des WDR können Biografien aus der jeweiligen Stadt recherchiert oder ein Rundgang vor Ort geplant werden.
Weiterführend können Fragen der Erinnerungskultur diskutiert werden. Wie sollte die Gewichtung zwischen Gedenken an die Opfer und Recherche nach Täter:innen bzw. „Dabeigewesenen“ sein? Wie beurteilen die SuS die Haltung von einigen jüdischen Gemeinden, die das Gedenken auf dem Bürgersteig als würdelos ablehnen, weil die Stolpersteine dort schmutzig oder „mit Füßen getreten“ werden können.

Dr. Franz Jungbluth

Lernort 

Der Verein „Gelsenzentrum e.V.“ bündelt seit 2005 bürgerschaftliche Initiativen zur Aufarbeitung der NS-Geschichte in der Stadt Gelsenkirchen. Er koordiniert die Verlegung der Stolpersteine in Gelsenkirchen und bietet Begleitmaterial und Rundgänge dazu an. Weitere Arbeitsfelder sind die Erinnerung an Zwangsarbeit in der Stadt, die kritische Beschäftigung mit Straßennamen sowie die Dokumentation von Täter:innen und Mitläufer:innen in der Datenbank „Die Dabeigewesenen“.

Gelsenzentrum e.V.