Kurze Erläuterung
Das 1534 beschädigte Memorialrelief einer Äbtissin entstand um das Jahr 1290. Bis heute ist es in der Nordwand des Chorumganges des Domes zu Münster zu sehen. Er erinnert an die Herrschaft der sogenannten Täufer. Auch der Begriff der „Wiedertäufer“ ist sehr geläufig, aber bei ihm handelt es sich um eine abwertende Bezeichnung aus der Reformationszeit. Am 24. Februar 1534 begann mit dem Eindringen einer größeren Menge in den Dom ein „Bildersturm“, der auf die anderen Kirchen ausgedehnt und ein paar Wochen später fortgeführt worden ist. Ihm sind wertvolle Kunstwerke zum Opfer gefallen. Die Zerstörung richtete sich v.a. auf bestimmte Heiligenfiguren, Madonnen und Wahrzeichen der bischöflichen Herrschaft. Es ist nicht bekannt, wer die Stifterin des Kunstwerkes war, die beiden Wappen in den Ecken sind inhaltlich nicht zuzuordnen und wohl Ergänzungen aus dem 15. oder frühen 16. Jahrhundert.
Auffällig ist, dass das Kunstwerk gezielt mit Meißelhieben beschädigt wurde. Während das Gesicht entstellt wurde, ist der Schleier verschont geblieben. Gleiches gilt für die Hände: Während die Linke, die ein Buch hält, unversehrt geblieben ist, sind die Finger der Rechten zerstört worden.
Relevanz des Materials
Bilderstürme hatte es im 16. Jahrhundert nicht nur in Münster gegeben. Einer der ersten fand 1522 in Wittenberg statt. Für Westfalen wären vor 1534 zu nennen: 1527 (Soest) und 1533 (Ahlen, Beckum, Höxter, Warendorf). Ein wesentliches Motiv lag in der Verwerfung der Bilderverehrung durch die Reformatoren als Götzendienst; deshalb wandte sich das evangelisch gewordene Bürgertum davon ab. Am Relief ist besonders die gezielte Zerstörung auffällig: So verhindert das Unkenntlichmachen der Person ihre Verehrung, außerdem werden die Finger der rechten, der Schwur- oder Segnungshand, zerstört.
In der Kathedralkirche zu Münster und in der nahen St. Ludgerus-Kirche findet man weitere durch die Täufer beschädigte Kunstwerke. In anderen Kirchen finden sich aber auch Kunstwerke, die im Laufe der Reformation gerettet wurden und bewusst zu einer katholisch gebliebenen Gemeinde gebracht wurden.
Dr. Hendrik Martin Lange
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