Kurze Erläuterung
Die Überreste von 24 Männern und einem Hund wurden in einem Massengrab direkt außerhalb des ehemaligen Römerlagers Aliso im heutigen Haltern am See gefunden. In diesem Fall wurde die Grube eines Töpferofens als Grab verwendet, die anschließend mit Erde gefüllt und planiert wurde. Daraus sind zwei Dinge abzuleiten: Die Bestattenden hatten es eilig, da sie ein bereits ausgehobenes Erdloch nutzten. Es ist auch davon auszugehen, dass die Töpferanlage nicht länger betrieben werden sollte. Dieser Umstand deutet darauf hin, dass das Massengrab unmittelbar vor der Aufgabe des Römerlagers in Haltern angelegt wurde. Die Sauerstoff-Strontium-Isotopenanalyse der Zähne von zwölf Skeletten ergab, dass sechs bis acht Personen (und der Hund) aus Westfalen stammten. Bei vier weiteren lässt sich die Herkunft in Böhmen oder dem Schwarzwald verorten. Daher wird angenommen, dass es sich nicht um Römer und damit höchstwahrscheinlich auch nicht um Bewohner des Lagers in Haltern handelte.
Relevanz des Materials
Dieser Fund verweist auf das gewaltsame Aufeinandertreffen zwischen Soldaten des Römischen Reichs und den Bewohner:innen im Gebiet des heutigen Westfalens. Aufgrund des gleichzeitigen Todeszeitpunkts der Bestatteten und ihrer Herkunft außerhalb des Römischen Reichs liegt der Schluss nahe, dass diese Menschen bei einem Angriff auf das Römerlager in Haltern getötet wurden. Die siegreichen Verteidiger haben die Toten scheinbar möglichst zeiteffizient unter die Erde bringen wollen, was darauf hindeutet, dass die Auseinandersetzung um ca. 9 n. Chr. stattgefunden haben muss – nachdem die Legionen des Varus vernichtend geschlagen wurden und bevor das Lager in Haltern aufgegeben wurde. Die Geschichte der römischen Herrschaft in Westfalen ist von Gewalt geprägt und diese Toten zeigen konkret, was die andauernden Konflikte zwischen den sogenannten Römern und den Menschen, die schon zuvor in Westfalen gelebt haben, bedeuteten.
Markus Albuschat
Das LWL-Römermuseum Haltern am See ist das Zentralmuseum für Römische Militärgeschichte in Nordwestdeutschland. Die Dauerausstellung des Hauses zeigt Funde aller Römerlager an der Lippe und ergänzt diese mit zahlreichen Rekonstruktionen, Filmen und Animationen, so dass die 28-jährige Geschichte der Römer in Westfalen lebendig erzählt wird. Das Museum befindet sich am Standort des ehemaligen Römerlagers Aliso und verfügt über eine Außenfläche mit Teilrekonstruktionen des Lagers. Das Gelände ist auch heute noch eine Ausgrabungsstätte, weshalb immer wieder spektakuläre Neufunde die Ausstellung erweitern. Regelmäßige Sonderausstellungen erweitern die Perspektive auf größere Zusammenhänge und aktuelle Bezüge.