Fragment einer Goldwirkerei mit Chimären
Sachquelle
Münster 1133

Kurze Erläuterung

Diese Goldwirkerei wurde wahrscheinlich Ende des 11. oder Anfang des 12. Jahrhunderts in Palermo auf Sizilien hergestellt. Die Werkstatt und auch die Zeit der Herstellung (vor 1133?) ist in der Wissenschaft nicht ganz geklärt. Möglicherweise kann das Werk auch in einer spanisch-maurischen Werkstatt entstanden sein. Das Gewebe hat die Maße 17 x 57 cm und diente als Auskleidung eines heute verschollenen Reliquienkästchens, welches aus Trier nach Münster kam.
Der überaus seltene sizilianische Stoff, ein Gewebe in Tapisserietechnik, Gold und Seide, enthält neben zwei Menschen Mischwesen wie Chimären, Sirenen, Paradiesvögel, Drachenköpfe, Schlangenbänder und einer Mandragora (Menschenwurzel). Der mittelalterliche Künstler, wahrscheinlich ein Muslim, kannte die antike-griechische Mythologie. In der Illias beschreibt der Dichter Homer Chimären als feuerspeiende Mischwesen aus Drache oder Schlange, Löwe und Ziege.

Relevanz des Materials

Alte Stoffe haben sich oft nur deshalb erhalten, weil sie, wie auch dieses Goldwirkerei, als Umhüllung von Reliquien in einem Reliquienkasten dienten. Im mittelalterlichen Christentum spielen Reliquien eine sehr große Rolle. Eine Reliquie ist ein Körperteil eines Heiligen oder ein Gegenstand, der in enger Verbindung mit ihm steht. Dementsprechend werden die Reliquien in wertvollen und kunstvoll gestalteten Behältern verwahrt. Die Goldwirkerei ist ein Beispiel für die Luxusgüter und den hohen Stand der Kunstfertigkeit, gerade auch in den islamisch beeinflussten Gebieten Südeuropas. Wie das kostbare Stücke nach Deutschland und speziell Münster kam, ist nicht überliefert.

Dr. Hendrik Martin Lange

Lernort 

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