Reliquiar mit Elfenbeinbecher mit Tugend- und Lasterdarstellungen
Sachquelle
Münster um 1380/1400

Kurze Erläuterung

Der Elfenbeinbecher in der Domkammer Münster wurde um 1380 (?) gefertigt, um 1400 wurde er in Münster dann mit der teilweise vergoldeten Silberfassung zu einem Reliquiar umgearbeitet. Neben den kostbaren Materialien ist vor allem die Darstellung von Tugenden und Lastern interessant. Auf der zu sehenden Szene missbraucht Phyllis, die Geliebte des jungen Alexander des Großen, den in sie verliebten alten Philosophen Aristoteles als Reittier, eine klare Warnung vor der fleischlichen Liebe. Die drei weiteren Laster-Szenen nehmen Bezug auf die jüdische Thora bzw. das christliche Alte Testament der Bibel und zeigen Lot(h) bzw. Samson/Simson. Die Szenen warnen vor der „Weibermacht“ und „Unzucht“ (Inzest). Die Tugenden werden durch die Blätter und Bäume symbolisiert und setzen auch wieder Kenntnisse der Bibel (Jesus Sirach 24,8-23) voraus.

Relevanz des Materials

Der Elfenbeinbecher erfüllt als Reliquiar die Funktion eine oder mehrere Reliquien sicher und kostbar aufzubewahren. Im mittelalterlichen Christentum spielen Reliquien eine sehr große Rolle. Eine Reliquie ist ein Körperteil eines Heiligen oder ein Gegenstand, der in enger Verbindung mit ihm steht. Dementsprechend werden die Reliquien in wertvollen und kunstvoll gestalteten Behältern verwahrt.
Die Darstellungen auf dem Becher verweisen auf die Gemeinsamkeiten und Ansätze zum Dialog zwischen den drei monotheistischen Religionen (Christentum, Judentum, Islam). Die Figur des Lot kennen alle drei aus ihren heiligen Schriften (Thora, Bibel und Koran). Und die Aristoteles-Rezeption im christlichen Europa erfolgte durch die Übersetzungen der Muslime.

Dr. Hendrik Martin Lange

Lernort 

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