Plantagenbesitzer aus Westfalen
Textquelle
Delbrück/Paderborn 1776

Kurze Erläuterung

Moritz Renneke (1730-1781) stammte von einem kleinen Hof aus dem Delbrücker Land bei Paderborn. Als Eigenbehöriger gehörte er wie sein Hof einem Grundherrn, dem Fürstbischof von Paderborn, dem er Abgaben zu zahlen verpflichtet war. Wegen „Diebereyen“ erhielt er 1748 für fünf Jahre Landesverweis, reiste in die Niederlande und heuerte bei der Westindischen Handelskompanie (WIC), der seit 1682 die Verwaltung der Kolonien der niederländischen Regierung übertragen worden war, zur Arbeit in Surinam an. Surinam, im Nordosten Südamerikas gelegen und seit 1975 von den Niederlanden unabhängig, war 1667 von den Niederlanden im Tausch gegen New York erworben worden. Moritz Renneke lebte und arbeitete dort; 1762 heiratete er Margarete Wilhelmina Liedstrum. 1764 verließen Moritz Renneke und seine Frau Surinam und reisten ins Delbrücker Land.
Moritz Renneke brachte ein Sklavenkind mit, das er dem Paderborner Fürstbischof verkaufte (getauft als Wilhelm Liborius). Mit mitgebrachtem Geld errichtete er auch für seine Eltern ein „Leibzuchtshaus“ auf seinem Hof. Diesen mit sechs Morgen Weide- und Ackerland vergleichsweisen kleinen Hof bewirtschaftete er mit seiner Frau. 1764 wollte er zusätzliches Land erwerben, was ihm nicht gelang, weil sich die am fraglichen Land mitberechtigten Bauern dagegen aussprachen.
1769 segelte Moritz Rennecke zunächst allein zurück nach Paramaribo, Surinam. 1770 verpachtete seine Frau den Hof an ihren Schwager und reiste ihrem Mann 1771 mit ihrem Sohn nach. 1776 war er Direktor einer Zuckerrohr- und einer Kaffeeplantage.
Nachdem 1773 und 1774 Vater und Mutter gestorben waren, begann eine Auseinandersetzung um das Erbe. Die dabei entstandenen Akten bezeugen auch das Leben von Moritz Rennecke in Surinam. Als dieser 1781 starb, heiratete seine Witwe 1787 erneut. Sie übernahm auch, wie die Akten bezeugen, verschiedene Patenschaften für die Sklaven, die die Familie offensichtlich besaß. 1794 erschien die Witwe Margarete Wilhelmina Liedstrum in Delbrück. Bevor sie die Hofstätte an ihren Schwager verkaufen konnte (der einen Hanf- und Garnhandel betrieb und deshalb das nötige Geld für den Kauf erwirtschaftet hatte), musste sie für ihre Freilassung und den Sterbfall ihres Mannes eine festgelegte Abgabe an den Fürstbischof als Grundherrn leisten – diese rechtlichen Bindungen galten nach wie vor und trotz der langen Abwesenheit.

Relevanz des Materials

Die „Holland-Gängerei“ als Form der Auswanderung erreichte ihren Höhepunkt in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Neben dem in dieser Quelle thematisierten Landesverweis war sie häufig die Konsequenz von Armut, wenig ertragreicher Moor- und Heidelandschaften in einigen Landstrichen Westfalens sowie gesellschaftlich festgefahrener Strukturen wie der Einteilung in Eigenbehörige und freie Menschen, aus denen sich die westfälischen Bauern auch bei gutem Willen selten befreien konnten. Wirtschaft und Handel können eine große Bedeutung für das Aufbrechen der Klassengesellschaft zugeschrieben werden. Insbesondere unter den freiheitlicheren Bedingungen der Niederländischen West-Indischen Compagnie (WIC), die allerdings auf Plantagenwirtschaft und dem Handel mit Sklaven und Kolonialwaren basierte, haben auch vormals von Armut betroffene Personen aus Westfalen ihre ökonomische Situation verbessert.

Alexandra Bloch Pfister / Christina Lefarth

Lernort 

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