Kurze Erläuterung
Das Lehnswesen oder auch Feudalismus beschreibt das dominierende Herrschaftssystem des europäischen Mittelalters. Im Zuge dessen wurden Abgaben für solche Bauern fällig, die nicht mehr frei, sondern in Abhängigkeit von ihren Lehnsherren lebten und daher auch hörige Bauern genannt wurden. Freie Bauern leisteten Kriegsdienst für ihre Herren, wohingegen hörige Bauern im Austausch für ihren Schutz und das zu beackernde Land monetäre oder naturale Abgaben leisteten. Grundherren konnten sowohl weltliche Herrscher wie Grafen oder Adelige als auch Geistliche wie Bischöfe oder Äbte sein. Auch der König war ein Grundherr und stand an der Spitze des Lehnswesens.
Die Aufstellung des Schultheißen (Schulte) Jochmaring listet die Abgaben des Schultenhofes, der zugehörigen und anderen einzelnen Höfe auf. Die Quelle entstand etwa zu Ende 1090 und legt die unterschiedlichen Naturalien offen, in denen Abgaben von Bauern geleistet wurden. An der Spitze eines jeden Amtes (villicutio) stand zunächst der Inhaber des Schultenhofes, der Schulte (villicus) selbst. Aber mit dem Amt stieg auch die Würde, sodass der Schulte schon bald zum gehobenen Hofbeamten des Stiftes oder Klosters wurde, der nicht mehr selbst Bauer sein mochte, sondern als Ministeriale und Ritter seinem Dienstherrn diente. An seine Stelle als Bebauer des Schultenhofes trat jetzt ein anderer Eigenbehöriger, dem aber nur noch die Nutzung des Hofes selbst blieb. Die Abgaben der anderen Höfe an den Schulten bezog jetzt der Ministeriale des Stiftes, der Ritter und Inhaber des Amtes, der dem Stift für das Aufkommen der Pächte und Abgaben verantwortlich blieb sowie für Innehaltung und Beachtung der Rechte und Gewohnheiten in seinem Amtsbereich zu sorgen hatte. Bis zum Jahre 1339 waren die Ritter von Bönstrup Inhaber des Schultenamtes Jochmaring.
Relevanz des Materials
Anhand des Beispiels aus Greven und Umgebung lässt sich das regionale Lehnswesen verdeutlichen, wobei besonders die Vielfalt und Menge der bäuerlichen Abgaben an ihren Grundherren in den Fokus genommen werden kann. Es können Rückschlüsse auf die unterschiedlichen Lebenssituation der Bauern, deren Höfe und ihrer Essgewohnheiten und Produktionsmöglichkeiten gezogen werden. Darüber hinaus können Berechnungen zur Produktivität der Bauern und Größe der Felder angestellt werden.
Oliver Kottmann
Das Landesarchiv NRW verwahrt an seinen drei Standorten Duisburg, Detmold und Münster historische Dokumente aus der Geschichte Nordrhein-Westfalens. Die Abteilung Westfalen des Landesarchivs NRW entstand im Jahre 1829 als „Königliches Provinzialarchiv“ in Münster. Hier wurden Archivalien der aufgelösten alten Territorien und der säkularisierten Klöster der preußischen Provinz Westfalen zusammengeführt. Diese waren zuvor an verschiedenen Stellen des Landes in „Archivdepots“ gesammelt worden, um sie vor Zerstreuung und Verlust zu retten. Nach der Entstehung des Landesarchiv NRW 2004 wurde das Staatsarchiv Münster 2008 zur Abteilung Westfalen.
Hier werden nun Archivalien aus 12 Jahrhunderten verwahrt: rund 100.000 Urkunden, 36 Kilometer Akten, 80.000 Karten und Pläne, 3.400 Aufschwörungstafeln, 2.000 Handschriften, 4.500 Plakate, 2.000 Bilder und Fotos, sowie Elektronisches Archivgut. Eine Nutzung ist sowohl im Lesesaal als auch online möglich. Für Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer steht unser Archivpädagoge als Ansprechpartner bereit (Schule | Archive in Nordrhein Westfalen | (nrw.de)).
Landesarchiv NRW – Abteilung Westfalen