„Mohren“ in Fürsten- und Adelshäusern
Bildquelle
Münster 18. Jhd.

Kurze Erläuterung

Um das Jahr 1700 kam ein Mann mit dunkler Hautfarbe an den Hof der Familie Droste zu Hülshoff bei Münster. Heinrich Johann von Droste-Hülshoff (1677-1739), der Erbe des Familienbesitzes, brachte ihn von einer mehrjährigen Bildungsreise durch Europa mit, die ihn ab 1694 unter anderem nach Prag und Salzburg geführt hatte. Der auf den Namen Johann Junkerdink getaufte Mann übernahm 1711 die Stelle des Organisten in der Kirche St. Pantaleon in Roxel, nachdem Heinrich Johann von Droste-Hülshoff der Kirche eine Orgel gestiftet hatte. 1728 heiratete er Maria Katharina Herz, die Tochter des damaligen Küsters Hermann Herz. Das Paar bekam fünf Kinder, von denen vier früh starben. Maria Katharina selbst starb am 8. Oktober 1758, ihr Ehemann Johann verschied nur zwei Wochen später am 21. Oktober 1758.  In einem 1808 angefertigten Protokoll, das im Zuge eines Streites über die Neubesetzung der Organistenstelle in Roxel entstand, halten drei befragte Zeugen fest, dass der erste Organist ein „Mohr“ gewesen und mit dem Herrn von Droste „aus der Fremde“ gekommen sei – er blieb also aufgrund seiner Hautfarbe in Erinnerung.

Relevanz des Materials

Das Gemälde stellt den in Westfalen Johann Junkerdink genannten Mann dar, dessen ursprünglicher Name nicht bekannt ist. Im 17. und 18. Jahrhundert holten sich größere Fürsten- und Königshäuser – auch in Westfalen – schwarze Kammerdiener unter anderem für repräsentative Zwecke an ihren Hof. Von ihren weißen Zeitgenoss:innen wurden sie als „Hof-“ oder „Kammermohre“ bezeichnet. Diese zumeist aus Afrika stammenden Menschen wurden in der Regel von Sklavenjägern verschleppt, auf Sklavenmärkten verkauft und kamen größtenteils über niederländische oder britische Handelsgesellschaften sowie über das Osmanische Reich nach Deutschland – lange bevor der deutsche Kolonialismus begann. Einerseits wurden sie als Eigentum der adeligen Herrscher betrachtet, andererseits hatten sie zumeist weniger Überlebenssorgen als viele Bauern und Tagelöhner. Der Lebensweg des auf den Namen Johann Junkerdink getauften Mannes zeigt, dass eine gesellschaftliche Integration zwar möglich war, aber dafür gewisse Voraussetzungen erfüllt sein mussten: Johann Junkerdink musste seine ursprüngliche Religion aufgeben, den katholischen Glauben annehmen und sich den damaligen landesüblichen Bräuchen und Sitten vollständig anpassen, damit die Eheschließung mit einer Roxelerin möglich war und er Organist der Gemeinde werden konnte. Trotzdem wurde ihm die „Exotenrolle“ aufgedrängt, wie das 1808 angefertigte Protokoll eines Streites über die Neubesetzung der Organistenstelle in Roxel darlegt.

Alexandra Bloch Pfister / Christina Lefarth

Lernort 

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Burg Hülshoff – Center for Literature (CfL)

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